Den beiden Herstellern MSD Sharp & Dohme und Berlin-Chemie droht Generikakonkurrenz bei ihren Blockbustern Januvia/Janumet und Xelevia/Velmetia. Das Patent läuft im kommenden Sommer aus, das Bundespatentgericht hat auch das ergänzende Schutzzertifikat für die Kombination aus Sitagliptin und Metformin für nichtig erklärt. Jetzt muss der Bundesgerichtshof (BGH) entscheiden.
Das Grundpatent für Sitagliptin aus dem Jahr 2003 umfasst insgesamt 30 Patentansprüche. 2007 erhielt MSD außerdem ein Schutzzertifikat für den Wirkstoff – mit diesem Instrument soll im Patentrecht der Zeitraum zwischen Patentanmeldung und Zulassung ausgeglichen werden, da je nach Dauer der klinischen Studien ein großer Teil des Schutzzeitraums von 20 Jahren bereits aufgebraucht sein kann. Zur Berechnung werden von der jeweiligen Spanne fünf Jahre abgezogen, maximal kann der Patentschutz so um fünf Jahre verlängert werden.
Der Patentantrag für Sitagliptin wurde im Juli 2002 gestellt, Januvia wurde im März 2007 zugelassen, sodass das Schutzzertifikat eine negative Laufzeit hatte. Weil MSD aber pädiatrische Studien zum Wirkstoff durchgeführt hatte, wurde der Schutz für den Wirkstoff um ein halbes Jahr bis zum 23. September 2022 verlängert. Auch für die Kombination aus Sitagliptin und Metformin wurde ein Schutzzertifikat erteilt, dieses hat eine Laufzeit bis 8. April 2023. Genau dagegen klagten mehrere Generikahersteller.
Das Bundespatentgericht gab ihnen recht. Denn wenn ein Grundpatent mehrere Erzeugnisse schütze, sei es grundsätzlich unmöglich, für jedes dieser Erzeugnisse ein Schutzzertifikat zu erhalten. Dies sei hier der Fall. Denn auch wenn die Kombination zum Zeitpunkt der Zulassung einzigartig gewesen sei („first in class“), stelle sie keine eigenständige Innovation des Grundpatents dar: „Angaben oder Daten, die auf eine überraschende pharmazeutische Bedeutung der speziellen Kombination aus Sitagliptin und Metformin hinweisen würden, finden sich an keiner Stelle des Grundpatents, insbesondere auch nicht in dessen Beschreibung“, heißt es zur Begründung.
Da die Bereitstellung von DPP4-Inhibitoren wie Sitagliptin somit die einzige Innovation des Grundpatents darstelle und für Sitagliptin bereits ein Schutzzertifikat erteilt worden sei, sei das zweite Schutzzertifikat somit zu Unrecht erteilt worden. Auf die positive oder negative Laufzeit des ersten Schutzzertifikats komme es dabei nicht an. Im Übrigen führe schon das erste Schutzzertifikat für den Monowirkstoff zu einer effektiven Laufzeitverlängerung, da der Bonus für pädiatrische Studien die Erteilung eines Schutzzertifikats voraussetze.
Dass 2007 im Rahmen einer Studie festgestellt wurde, dass die Wirkstoffkombination eine wesentliche Verbesserung bei der Behandlung des Typ-2-Diabetes darstellt und die beiden Wirkstoffe dabei eine additive Wirkung aufweisen, ändert daran nichts. Denn laut der einschlägigen EuGH-Rechtsprechung dürften nachträgliche Erkenntnisse nicht berücksichtigt werden.
MSD will weiter für die Kombination kämpfen. „Diese Entscheidung ist nicht rechtskräftig und wird in der Berufung durch den BGH überprüft“, so eine Sprecherin. Das ergänzende Schutzzertifikat für Sitagliptin als Monosubstanz sei davon nicht betroffen und bleibe weiterhin in vollem Umfang gültig.
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