Was haben die Trauben-Eiche, Camel up und Wick MediNait gemeinsam? Alle waren Produkt des Jahres 2014 in ihrer Kategorie (Baum/Spiel/Medikament). Was ist der Unterschied? Das Erkältungsmittel darf seinen Titel nicht mehr führen. Denn das Oberlandesgericht Frankfurt (OLG) hat entschieden, dass Verbrauchern der Eindruck vermittelt werde, Apotheker würden das Produkt empfehlen. Und das ist nicht nur ziemlich weit her geholt, sondern vor allem verboten.
Der Bundesverband Deutscher Apotheker (BVDA) verleiht in diesem Jahr zum 16. Mal das Siegel „Medikament des Jahres“. Das Prädikat ist in der Werbung ziemlich präsent, was nicht weiter verwundert: Zur jüngsten Verleihung sollten befragte Apotheker in 93 Kategorien ihre Top-Marken wählen. Das mag damit zusammenhängen, dass die Gewinner mit Anzeigen wiederum den Wettbewerb finanzieren.
Wie repräsentativ die Umfrage ist, sei dahingestellt. Nach Angaben des BVDA hatten von den zufällig ausgewählten Apothekern 315 einen vollständig ausgefüllten Fragebogen zurückgeschickt. Das Ergebnis in den Anzeigen und TV-Spots der Hersteller bildet das naturgemäß nicht ab. Da steht neben dem „Erkältungsmedikament des Jahres 2014“ nur, dass es vom BVDA gewählt wurde.
Ein durchschnittlich aufgeklärter Verbraucher dürfte nicht wissen, dass es sich beim BVDA um eine um die wirtschaftlichen Interessen der Mitglieder bemühte Splittergruppe in der Verbandslandschaft der Apotheker handelt. Im Grunde klingt „Bundesverband Deutscher Apotheker“ sogar offizieller als die ehemalige „Arbeitsgemeinschaft“ ABDA. Beweise? Selbst das OLG ist in seiner Urteilsbegründung durcheinander gekommen und schreibt an einer Stelle vom „Deutschen Apothekerverband“.
Dass sich die Hersteller gerne mit der Empfehlung von Apothekern schmücken wollen, ist verständlich. Professor Glaeske hat dies ebenfalls schon kritisch bemerkt. Denn der Rat des Fachmanns ist den meisten glaubwürdiger als die geschönte Werbeaussage eines Herstellers.
Und genau da ist das Problem des Siegels: Damit diese über Jahrzehnte erkämpfte Glaubwürdigkeit erhalten bleibt, muss die Empfehlung auch unabhängig und frei von Interessen sein. Weil das in der Werbung kaum nachzuweisen und zu kontrollieren ist, hat der Gesetzgeber eine klare Grenze gezogen: keine Fachkreise in OTC-Werbung, keine Empfehlungen vom Mann mit Stethoskop und so weiter.
Der BVDA glaubte, dieses Verbot über sein Dasein als Verband umgehen zu können. Die Richter am OLG sahen das anders und verboten dem Wick-Hersteller Procter & Gamble (P&G) die Werbung mit dem Siegel. Für die Apotheker ist das eine gute Entscheidung: Sie werden nicht mehr in Sippenhaft genommen für 93 Produkte, die sie womöglich nie empfehlen würden.
APOTHEKE ADHOC Debatte