Shop Morris: Boni über Bande Patrick Hollstein, 16.11.2024 07:58 Uhr
Du sollst kein Geld verdienen auf Rezept – so lautet zwar nicht gleich das elfte Gebot, aber zumindest das Gesetz. Also irgendwie, teilweise, bis zur holländischen Grenze jedenfalls. Weil die Sache aber brenzlig werden könnte, haben sich Shop Apotheke und DocMorris jetzt gemeinsam eine neue Idee ausgedacht: Eine App, um sie alle für ewig zu binden.
Rx-Boni sind verboten, seit drei Jahren mittlerweile. Aber beim E-Rezept kann man doch schon einmal ein Auge zudrücken. Nicht? Na gut. Aber hey, niemand kann den Versendern verbieten, Gutscheine zu verschenken. V-e-r-s-c-h-e-n-k-e-n! Ganz ohne Gegenleistung! Wie genial ist das denn?!
Kurzer Call zwischen den CEOs von Redcare und DocMorris und die Sache ist ausgemacht: Wer ein E-Rezept bei Shop Apotheke einlöst, bekommt künftig einen Gutschein von DocMorris. Und sobald der in Anspruch genommen wird, leitet Redcare dann über den jeweiligen Hersteller einen Werbekostenzuschuss in entsprechender Höhe an den Konkurrenten weiter. So lässt sich keinerlei Verbindung zwischen den beiden Vorgängen mehr herstellen, alle waschen ihre Hände in Unschuld. Und natürlich funktioniert das Modell auch in die umgekehrte Richtung.
Damit das Ganze auch praktikabel ist, gibt es ab sofort eine gemeinsame App namens „Shop Morris – GiftCardLink“. Hier können frei und unschwert von arzneimittelpreis-, sozial- oder heilmittelwerberechtlichen Zwängen offen Rabatte und Prämien des jeweils Anderen ausgespielt werden. Und auch Rezeptabos und andere ins Gräuliche schillernde Ideen lassen sich hier prima rechtsfrei ausprobieren. Denn sagt die Bibel nicht: „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.“ (Matthäus 22)
Muster-16-farbener Pullover
Tatsächlich lautet das entsprechende Zitat derzeit: „Ich halt doch nur die Karte ran.“ Und so erbärmlich Messias Günther Jauch in seinem Muster-16-farbenen Pulli allen Eingeweihten auch erscheinen mag – bei der Masse kommt es an: Millionfach wurde die App bereits heruntergeladen und wohl auch ausprobiert. Und so wächst in der Branche die Sorge, dass die Versender mit CardLink tatsächlich einen Weg ins gelobte Land gefunden haben könnten.
Besser, das muss man den Verantwortlichen lassen, hätte man die Botschaft nicht formulieren können. Das E-Rezept ist einfach, das E-Rezept ist lieb. Und so ist es schon vorgekommen, dass die Kundschaft das Rezept in der Apotheke vor Ort gegen den versprochenen Rabatt eintauschen wollte. Wie gut, dass es IhreApotheken.de doch tatsächlich gelungen ist, den „Jauch-Rabatt“ in Höhe von 10 Euro für die erste CardLink-Nutzung unterbinden zu lassen. Zumindest vorerst konnten die Regeln erfolgreich verteidigt werden.
Wobei das manche Kommentatoren eher von der Abda erwartet hätten. Genauso wie eine massive Kampagne für die Apotheke vor Ort. Aber womöglich hat man den Ernst der Lage noch gar nicht erkannt. Oder braucht gerade das Geld für andere Projekte. Die Gedisa kann wohl ohne weitere Millionen aus den Apotheken auch weiterhin nicht auf eigenen Beinen stehen. Und das Datenpanel droht schon zum nächsten Millionengrab zu werden, jedenfalls wird über die Unternehmensberatung PwC derzeit ein neuer Partner für Projektphase III gesucht.
Auf Partnersuche sind auch die Parteien. Nach dem krachenden Ende der Ampel hat man sich auf einen Termin für die Neuwahlen verständigt und lotet Koalitionen aus. Bei den Apothekerinnen und Apothekern hat insbesondere die SPD derzeit kaum noch Freunde. Was aber, wenn es ausgerechnet Gesundheitsminister Karl Lauterbach gelingt, sich in eine Große Koalition zu retten? Schaurig-schönes Wochenende!