Das Bonusverbot hat Shop Apotheke empfindlich getroffen, das Rx-Geschäft liegt seit Jahresbeginn knapp ein Drittel unter Vorjahr. Um doch noch an das eine oder andere Rezept zu kommen, setzt der Versender offenbar auf zweifelhafte Methoden.
„Rezept-Bonus bis zu 30 Euro“, heißt es an prominenter Stelle auf der Startseite unter „Services & Vorteile“. Klickt man auf die Überschrift, gelangt man zum Bereich „Rezept einlösen“. Hier hält auf einem Foto eine Frau ein rosafarbenes Rezept in die Kamera; außerdem wird erklärt, dass die Einsendung eines Rezeptes „nicht nur besonders einfach, sondern auch mit vielen Vorteilen verbunden“ ist. Konkret genannt werden in einer Übersichtstabelle folgende Leistungen:
Direkt im nächsten Block wird erklärt, wie sich der Rezeptbonus errechnet: „Der Bonuswert ist abhängig vom Preis des Arzneimittels und der Menge an rezeptpflichtigen Medikamenten, die Sie bestellen. Der Maximalbonus beträgt 30,00 €.“ Anhand einer Tabelle wird aufgeschlüsselt, wie hoch der Bonus pro Packung in den drei verschiedenen Stufen liegt:
Frappierend: Der ausgelobte Bonus wird auf der Website direkt unterhalb der Überschrift „Kassenrezept“ präsentiert. Dass er eigentlich zum ausgeklappten Reiter „Privatrezept“ gehört, der sich rechts daneben befindet, springt nicht unbedingt ins Auge. Erst wenn man noch einmal explizit auf Kassenrezept klickt, folgt die Erklärung, dass 5 Euro für das erste und 2,50 Euro für jedes Folgerezept an den Verein Herzenswünsche gespendet werden.
Auch eine Seite speziell für Kassenrezepte verspricht in der Headline und Meta-Description noch: „Rezept einlösen und Bonus sichern.“ Und weiter: „Reichen Sie noch heute Ihr Rezept bei uns ein und sichern Sie sich 2,50 € Rezept-Bonus für jede Packung bis zu 30 € gesamt.“ Auf der Seite selbst ist davon allerdings nichts zu finden.
Weiter unten auf der Themenseite wird noch erklärt, wie Kund:innen Rezepte einsenden und Freiumschläge anfordern können. Im Video werden die Verordnungen bearbeitet und geprüft. Und wer noch kein Rezept hat, kann es sich direkt von Zava per Fragebogen oder Videosprechstunde ausstellen lassen. Vorteile dabei:
Rechtlich dürfte Shop Apotheke trotzdem auf der sicheren Seite sein. Denn auch in der Fußnote wird explizit darauf hingewiesen, dass der Rezeptbonus nur für Privatrezepte gewährt wird. Auch in den FAQ wird erläutert, dass aufgrund des Gesetzes zur Stärkung der Vor-Ort-Apotheken (VOASG) seit 15. Dezember 2020 für gesetzlich Versicherte der gleiche Preis für verschreibungspflichtige Arzneimittel gilt, unabhängig davon, ob diese in einer stationären Apotheke oder einer Versandapotheke bezogen werden. „Laut diesem neuen Gesetz dürfen Versandapotheken gesetzlich Versicherten keine Rabatte mehr auf rezeptpflichtige Arzneimittel gewähren. Dies hat zur Folge, dass Shop Apotheke den bekannten und beliebten Rezept-Bonus für Kassenrezepte nicht mehr anbieten kann.“ Nur vorhandene Guthaben könnten selbstverständlich weiterhin beim Kauf von nicht-rezeptpflichtigen Produkten verrechnet werden.
Dennoch: Nach der Umstellung zu Jahresbeginn sah die Darstellung noch wesentlicher deutlicher aus: „Bis zu 30 € Bonus für Ihr Privatrezept“, hieß es da explizit.
Das Bonusverbot hat Shop Apotheke empfindlich getroffen: In den ersten neun Monaten schrumpfte der Rx-Bereich um 30,6 Prozent auf 111 Millionen Euro, es fehlten also Einnahmen von 49 Millionen Euro. Die verbliebenen Erlöse dürften sich entsprechend vor allem auf Privatpatienten, Zava-Kunden und Mitglieder des Chronikerprogramms Smart verteilen, das seinerzeit noch unter der Europa Apotheek aufgelegt wurde.
Im Gesamtjahr 2020 hatte der Rx-Bereich noch um 17,6 Prozent zugelegt. Vor allem im März und im Juli schickten viele Verbraucher:innen ihre Rezepte nach Venlo. 27 Prozent des Umsatzes stammten aus dem verschreibungspflichtigen Bereich, 2019 waren es sogar 30 Prozent. Aktuell ist dieser Wert auf 18 Prozent gesunken.
Alle Hoffnungen liegen nun auf dem E-Rezept, das für Shop Apotheke zu einem Gamechanger werden und hohe Millionenumsätze bringen soll. CEO Stefan Feltens rechnet jetzt damit, dass die Einführung des E-Rezepts in Deutschland kurz bevorsteht. Allerdings hatte die Absage des Roll-outs durch die Gematik auch seine Planungen zunichtegemacht. Noch bei der Präsentation der Zahlen für das zweite Quartal war man Anfang August davon ausgegangen, dass bis Ende September 50 Praxen und 120 Apotheken an Bord sein würden und dass deren Zahl im vierten Quartal rasant ansteigen würde.
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