Shop-Apotheke: Köhler steigt aus Patrick Hollstein, 18.09.2018 11:39 Uhr
Bei der Shop-Apotheke gibt es einen überraschenden Wechsel an der Spitze: Firmengründer Michael Köhler zieht sich zum 31. Dezember aus persönlichen Gründen vom Amt des Vorstandsvorsitzenden zurück. Auf ihn folgt mit Stefan Feltens ein führender Finanzexperte von Teva, der schon seit Längerem als Investor an Bord ist.
Als Berater soll Köhler die internationale Expansion sowie die Übernahmeaktivitäten auch weiter aktiv mit vorantreiben. Aus dem operativen Tagesgeschäft zieht er sich aber zurück. Diese Aufgabe übernimmt Feltens, den der Aufsichtsrat – entsprechend dem Beschluss des Vorstands – mit sofortiger Wirkung zum Leiter der Bereiche Einkauf und Personal ernannt hat. Ab 1. Januar soll der 54-Jährige als CEO die Leitung der Firmengruppe übernehmen.
Mit Köhler verliert Shop-Apotheke nicht nur einen Gründer aus dem Vorstand, sondern auch ihr Mastermind. Einer breiteren Öffentlichkeit ist der 55-Jährige nicht bekannt, auch weil er keine Interviews oder Stellungnahmen abgibt, sondern eher im Stillen netzwerkt. Die Gründe für seinen Rückzug aus dem Vorstand sind derzeit unklar. Mit einem Aktienpaket von rund 10 Prozent ist er größter Anteilseigner; immer wieder hat er nach dem Börsengang Aktien und zuletzt auch Wandelanleihen zugekauft. Außerdem gehört er mit rund 12 Prozent zu den größten Aktionären der Stammzelldatenbank Vita 34. Dort wie auch bei Shop-Apotheke ist Frank Köhler im Aufsichtsrat; der Bruder des scheidenden CEO hat mit Aroma Company einen Parfümdistributeur aufgebaut und gehört zu den Aktionären.
Köhler arbeitete in den 1990er-Jahren für die Diabetessparte von Hoechst; er war nicht nur im Controlling, sondern sammelte auch als Regionalleiter im Raum Niedersachsen Vertriebserfahrung. In Stuttgart hatte er zuvor BWL studiert. Als der Frankfurter Konzern mit dem französischen Hersteller Rhône-Poulenc zu Aventis verschmolz und die Osteuropaabteilung geschlossen wurde, gründete Köhler gemeinsam mit zwei Partnern im März 2001 in Venlo die Europa Apotheek. Mit dabei waren der Industrieapotheker Dr. Robert Hess, den Köhler von Hoechst kannte, sowie der PR-Profi Klaus Gritschneder.
Gemeinsam mit Köhler übernahm Gritschneder die Geschäftsführung der EAV; auch wenn er den Posten schon ein Jahr später wieder abgab, blieb er bis zu seinem Ausscheiden Ende 2012 das Gesicht der Versandapotheke in der Öffentlichkeit. Er fädelte den Pick-up-Deal mit der Drogeriekette dm ein, auch bei der Übernahme der EAV durch Medco war er dabei.
Dass die Amerikaner vier Jahre und eine kurze Ehe mit DocMorris/Celesio später die Lust am europäischen Markt verloren, war ein Glücksfall für das Management – genauso wie die Übernahme der Shop-Apotheke ein Jahr zuvor. Zwar wussten die Pharmamanager, wie man Kassen mit Rabatten und Hersteller mit Daten köderte. Doch der aus der Fortuna-Apotheke in Köln hervorgegangene OTC-Versender wurde für die weitere Entwicklung entscheidend.
Feltens ist seit 2016 als Investor bei Shop-Apotheke beziehungsweise Europa Apotheek an Bord: Neben einigen vermögenden Finanzanlegern wurde damals nach dem Rückkauf der Versandapotheke von Medco eine ganze Reihe von Privatinvestoren aus der Wirtschaft gewonnen. Feltens gab ebenfalls Geld und erklärte damals auf Nachfrage: „Eventuelle private Beteiligungen wurden entsprechend unserer Compliance-Richtlinie getätigt und dementsprechend mit den relevanten Personen vorab besprochen sowie entsprechend dokumentiert.“
Auch bei Ratiopharm verwies man seinerzeit auf die für alle Mitarbeiter verbindlichen Verhaltensregeln. „Wir haben hier wahnsinnig hohe Maßstäbe“, sagte ein Konzernsprecher. Mitarbeiter würden regelmäßig in Schulungen über die Richtlinien aufgeklärt. Vorgesetzte müssen demnach vor privaten Investitionen über die Pläne informiert werden: „Es wird geprüft, dass es keine Interessenskonflikte gibt.“ Wenn eine Investition nicht den Richtlinien entspreche, werde sie nicht genehmigt. Im konkreten Fall hätte also mindestens der damalige Deutschlandchef und heutige Teva-Konzernvorstand Dr. Sven Dethlefs sein Placet zu dem Engagement seines Finanzchefs bei der Versandapotheke geben müssen.
Nach der Abspaltung der Shop-Apotheke von der Europa Apotheek, dem Börsengang und der anschließenden erneuten Verschmelzung blieb Feltens an Bord, zuletzt war er als Aktionär mit unter 1 Prozent beteiligt. Seit 2011 war er in der Geschäftsführung von Ratiopharm/Teva für den Bereich Finanzen zuständig; zuletzt war er Chief Financial Officer von Teva Global Operations, einer Sparte des weltweit führenden Generikaherstellers.