Die Shop-Apotheke hat die nächste Übernahme unter Dach und Fach gebracht. Doch diesmal verleibt sich die niederländische Versandapotheke keinen Konkurrenten ein, sondern übernimmt den Onlinehändler für funktionale Ernährungsprodukte Nu3 komplett. Damit verbreitert der Versender sein Sortiment.
Nu3 ist auf sogenannte Superfoods spezialisiert. Zum Sortiment zählen Naturkost-, Abnehm- und Fitnessprodukte. Neben Eigenmarken sind auch diverse freiverkäufliche Apothekenprodukte wie Almased oder Yokebe im Onlinestore. An der Firma war Unternehmer Carsten Maschmeyer beteiligt. Gründer und Geschäftsführer ist Dr. Robert Sünderhauf. Shop-Apotheke hat alle Anteile gegen Ausgabe von 54.470 neuer Aktien sowie einer Barzahlung erworben.
Mit der Übernahme verfolgt die Versandapotheke zwei Ziele: die Erweiterung des Sortiments um ein „komplementäres Produktangebot“ sowie die Chance auf „Cross-Selling Potenziale durch die Ansprache zusätzlicher Kunden“. Nu3 sei bereits in wichtigen europäischen Märkten vertreten, heißt es in einer Mitteilung.
Demnach hat Nu3 im Geschäftsjahr 2017 einen Umsatz von rund 30 Millionen Euro erwirtschaftet. Kernmarkt ist Deutschland, aber auch im Nachbarland Frankreich verspricht man sich großes Wachstumspotenzial. Für die kommenden Jahre erwartet das Management der Shop-Apotheke auch durch Synergieeffekte ein „schnelleres und profitables Wachstum“.
CEO Michael Köhler kommentierte den Deal so: „Das Geschäft von Nu3 ergänzt unser Sortiment für die Zielgruppe gesundheitsbewusster Kunden ideal und bietet uns die Möglichkeit, sowohl in Deutschland als auch in unseren jungen Märkten wie zum Beispiel Frankreich noch schneller und nachhaltig profitabel zu wachsen.“ Sünderhauf fügte hinzu, dass sich die Produktsortimente und Kundengruppen beider Unternehmen perfekt ergänzten.
Fabian Kaske von der Marketingagentur Dr. Kaske zufolge ist es für Shop-Apotheke absolut sinnvoll, sich mit der Übernahme neue Kundenkreise zu erschließen: „Müssen sie angesichts der Amazon-Strategie der kontinuierlichen Ausbreitung auch machen.“ Nu3 sei sehr erfolgreich und werde von Herstellern mit Nahrungsergänzungsmitteln teils eng vom Vertrieb betreut – „ist also schon auf dem Radar der Pharmafirmen“.
Kaske zufolge hatte Nu3 gut eine halbe Million Besucher in den vergangenen zwölf Monaten mit einer relativ hohen Verweildauer von knapp fünf Minuten. „Also informieren sich die Shopper relativ lange über die Produkte und beraten sich praktisch selbst“, so Kaske. Das sei etwa halb so viel wie eine Top 10 Versandapotheke. Ein spannender Wettbewerber von Nu3 sei Vitafy, die von SevenVentures/Pro7 übernommen wurden und sich mittels Werbeinvests gut entwickelt habe, analysiert Kaske.
Für weitere Übernahmen hatte Shop-Apotheke bereits im April frisches Geld eingesammelt: Wandelanleihen in Höhe von 75 Millionen Euro wurden bei institutionellen Investoren platziert. Nach der Nu3-Übernahme wir der Versender seine Ziele für das laufende Jahr vermutlich anpassen.
Ohnehin war die Shop-Apotheke auf einem guten Weg, die angestrebte Verdopplung des Umsatzes auf dann 530 bis 560 Millionen Euro zu erreichen. Im ersten Quartal hatten die Verkäufe in Deutschland sogar um 117 Prozent zugelegt, 103 Millionen Euro wurden hier eingenommen. International wurden 27,1 Millionen Euro erwirtschaftet, ein Plus von 69 Prozent. Auf der Ertragsseite stand jedoch immer noch ein Minus: Das operative Ergebnis (EBIT) sank von -4,9 Millionen Euro auf -8,9 Millionen Euro.
Im vergangenen Jahr hatte die Shop-Apotheke nach starkem Wachstum im Vorjahr eine Verschnaufpause eingelegt, was die Zahl der Bestellungen angeht. Die Zahl der Aufträge lag in den ersten drei Quartalen konstant bei 1,4 Millionen und stieg erst im letzten Quartal auf 1,6 Millionen. In den ersten drei Monaten dieses Jahres sprang die Zahl auf 2 Millionen – rund eine Million Aufträge jährlich bringt alleine die Europa Apotheek mit.
Auch die Besuche der Website waren – anders als 2016 – im Verlauf des vergangenen Jahres rückläufig: von 18,6 Millionen Visits im ersten Quartal auf 17,1 Millionen Visits im letzten Quartal. 2016 stieg die Zahl durchweg von 8,4 auf 14 Millionen. Im ersten Quartal 2018 gab es auch hier einen deutlichen Sprung auf 21,9 Millionen.
Bei der Anzahl der aktiven Kunden ist der Anstieg ungebrochen: 2,75 Millionen Menschen hatten zuletzt innerhalb einer Jahresfrist mindestens einmal in Venlo bestellt. Die im November 2017 übernommene Europa Apotheek brachte 300.000 aktive Kunden mit. Angesichts der Fokussierung auf Rx-Medikamente sind Unterschiede zu beobachten: Ist bei der Shop-Apotheke nur jeder vierte Kunde älter als 65 Jahre, ist es bei der Europa Apotheek jeder zweite.
Der durchschnittliche Warenkorb stieg durch den höheren Anteil an Rx-Medikamenten an und lag zuletzt bei 73,40 Euro. Zuvor waren über einen längeren Zeitraum zwischen 52 und 54 Euro pro Bestellung zusammengekommen. Bei der Europa Apotheek lag der durchschnittliche Warenkorb zuvor bei 187 Euro.
Nach den Übernahmen der vergangenen zwei Jahre wird das Geschäft der Shop-Apotheke derzeit unter mehreren Markennamen betrieben. International tritt der Versender auch unter dem Namen der 2016 übernommenen belgischen Versandapotheke Farmaline auf. Mit dem Discounter Vitazita soll außerdem eine besonders preisbewusste Klientel vor allem auf Preisvergleichsportalen abgefangen werden.
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