Zuführung von Patient:innen

Shop Apotheke darf nicht für Zava werben

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Berlin -

Shop Apotheke darf nicht für die Onlinearztpraxis Zava werben. Das Oberlandesgericht Köln (OLG) sieht in der hier angebotenen Fernbehandlung die medizinischen Standards nicht als erfüllt an. Geklagt hatten die Apothekerkammern Nordrhein und Westfalen-Lippe. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Shop Apotheke hatte auf der eigenen Webseite für Zava geworben. Dort hieß es unter anderem: „Benötigen Sie ein Rezept oder ein Arztgespräch?“ Die Kund:innen konnten zwischen „Online Rezept anfragen“ oder „Videosprechstunde vereinbaren“ auswählen oder einen Arzt in ihrer Umgebung suchen. Für den niederländischen Versender hofft mit der Werbung für die Online-Ärzte seinerseits darauf, die so ausgestellten Rezepte bedienen zu können.

Die Apothekerkammern klagten gegen diese Zuführung von Patient:innen und bekamen schon in erster Instanz vor dem Landgericht Köln recht. Das OLG hat diese Entscheidung nun bestätigt und sich ausführlich mit den Anforderungen an Online-Behandlungen auseinandergesetzt. Als irreführend bewerteten die Richter zudem die Selbstdarstellung von Zava. Für Patient:innen sei nicht leicht ersichtlich, dass es sich um Ärzt:innen handelt, die nicht von Deutschland aus agieren.

Medizinische Standards nicht erfüllt

Der Hauptvorwurf der Kammern: Das Ausfüllen eines Online-Fragebogens entspreche nicht allgemeinen medizinischen Standards, die für eine Fernbehandlung erforderlich seien. Zumindest hätte Shop Apotheke aus Sicht der Kammern darauf hinweisen müssen, dass solche telemedizinischen Dienstleistungen nur vorgenommen werden können, wenn gemäß dieser Standards ein persönlicher ärztlicher Kontakt nicht erforderlich ist. Zudem fehle der Hinweis, dass gesetzlich Versicherte hier für das Ausstellen der Rezepte bezahlen müssen.

Shop Apotheke hatte dagegen gehalten, dass die Nutzung eines Online-Fragebogens nicht zu beanstanden sei. In Großbritannien – wo Zava seinen Hauptsitz hat – sei Nutzung von Online-Fragebögen zudem anerkannt. Und bei Anbietern wie Zava mit Sitz im Ausland müssten die telemedizinischen Dienstleistungen zu den beworbenen Indikationen nicht dem deutschen medizinischen Standard entsprechen.

Das OLG wies die Berufung von Shop Apotheke zurück und erklärte die Werbung für unzulässig. Eine persönliche Wahrnehmung der Patient:innen erfolge bei der Fernbehandlung nicht und die Anwendung eines Online-Fragebogens ohne weiteren Kontakt zwischen Ärzt:in und Patient:in entspreche nicht den fachlichen Standards. Diese gelten laut OLG auch für Online-Ärzt:innen mit Sitz im Ausland.

Keine „telemedizinischen Primärarztmodelle“

Die Richter betonen, dass die Werbung für sich genommen eine Gesundheitsgefahr begründen kann. „So kann eine Werbung für eine Fernbehandlung auch oder gerade dann die Gesundheitsbelange eines Kranken beeinträchtigen, wenn die beworbene Fernbehandlung tatsächlich nicht oder von einer Person durchgeführt wird, die – wie unseriöse Anbieter oder Scharlatane – nicht an berufsrechtliche Regelungen gebunden sind. In diesen Fällen besteht die Gefahr, dass sich ein Kranker aufgrund der Werbung zunächst an jemanden wendet, der ihm vermeintlich eine Fernbehandlung anbietet, wodurch möglicherweise wertvolle Zeit verloren wird. Das Werbeverbot trägt damit der Erkenntnis Rechnung, dass sich gerade die Anonymität einer Fernbehandlung für die Tätigkeit nicht seriös arbeitender ‚Heilkundiger‘ anbietet.“

Das OLG stellte auch klar, dass Zava mit der Erhebung der Krankengeschichte mittels Online-Fragebogen nicht die medizinischen Standards in Deutschland erfülle, wie sie in einer anderen Entscheidung von Bundesgerichtshof (BGH) vorgezeichnet wurden. Zwar erlaubt das Gesetz die Fernbehandlung unter bestimmten Voraussetzungen. „Telemedizinische Primärarztmodelle“ seien aber zu vermeiden. Auch eine ausschließliche Videokonsultation, bei der sich der Arzt von vornherein auf eine verkürzte Wahrnehmung bei der Anamnese verlassen müsse, reicht daher bei einer Erstbehandlung nicht aus. Eine ausschließliche Beratung oder Behandlung über Kommunikationsmedien ist laut Gericht nur im Einzelfall erlaubt und setzt voraus, „dass dies ärztlich vertretbar ist“.

Was sind schon Alltagsleiden?

Shop Apotheke sah dies bei der Erstanamnese von „Alltagsleiden“ wie grippalen Infekten, Verdauungsbeschwerden, Hauterkrankungen der Fall sei. Doch das Gericht findet schon den Begriff des „Alltagsleidens“ zu ungenau, hier seien Leitlinien medizinischer Fachgesellschaften oder Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses ausschlaggebend. Als Beispiele zur schwierigen Abgrenzung werden grippalen Infekt und eine Covid-19-Infektion, Verdauungsprobleme und Blinddarmdurchbruch sowie eine Hautreizung gegenüber Hautkrebs.

Bei Zava sei die Behandlung aber gerade nicht auf bestimmte Krankheitsbilder beschränkt, es werde vielmehr ein digitales Primärversorgungsmodell beworben. Auch eine „stillschweigende Vereinbarung über eine Standardunterschreitung“ kommt aus Sicht des OLG hier nicht in Betracht. Denn die Patient:innen würden die geltenden Standards hat nicht kennen. Zudem würde eine solche Übereinkunft die strengen Anforderungen des BGH an einen allgemein anerkannten fachlichen Standard unzulässig umgehen.

Das OLG bestätigte zudem das Urteil der Vorinstanz, wonach der fehlende Hinweis auf den Sitz von Zava in Großbritannien wettbewerbswidrig ist. Für die Verbraucher:innen sei es nicht naheliegend, in den FAQ nachzusehen, welchem Regelungsregime das Unternehmen unterliegt. „Die Frage, nach welchem Standard eine ärztliche Behandlung erfolgt, ist für den Verbraucher wesentlich. Diesem ist bekannt, dass die Standards der ärztlichen Behandlung auch innerhalb europäischer Länder unterschiedlich sind“, heißt es im Urteil.

Revision zum BGH wurde nicht zuzulassen, weil sich das OLG selbst auf die Rechtsprechung aus Karlsruhe bezogen hat. Gegen die Nichtzulassung kann Shop Apotheke aber noch Beschwerde einlegen.

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