Drogerieketten

Schlecker: Keine Chance für die Familie

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Berlin -

Die Sanierung der insolventen Drogeriekette Schlecker stockt. Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz kämpft mit rund 3850 Kündigungsklagen, dazu kommen mögliche Klagen von 180 entlassenen Führungskräften. Die verbliebenen Mitarbeiter wiederum wollen nicht auf 15 Prozent ihres Lohnes verzichten. Der Neuanfang – bislang für spätestens Pfingsten angekündigt – wird sich vermutlich verschieben. Der Schlecker-Familie wiederum räumt Geiwitz höchstens eine Rolle als Minderheitsaktionär ein.

 

Im Interview mit der Waiblinger Kreiszeitung erklärte Geiwitz, warum er die Führung des Konzerns komplett umbauen will: „Anton Schlecker hat das Unternehmen jahrzehntelang stark hierarchisch geführt. Hier gilt es nun, neue, breitere Führungsstrukturen zu etablieren. Gerade im Fall Schlecker darf man nicht davon ausgehen, dass die bisherige Unternehmensführung alleine alle Änderungen selbst vollziehen kann.“

Vor allem der neue Vorstandsvorsitzenden soll für den „kulturellen Wandel“ sorgen. Erster Kandidat ist der ehemalige Rewe-Chef Stephan Fanderl, der derzeit als Berater tätig ist und den Geiwitz erst an Bord holen will, wenn er grünes Licht von den Investoren hat und mit dem Sanierungskonzept weiter gekommen ist.

Hier gibt es laut Geiwitz Probleme, vor allem wegen der Blockadehaltung der Gewerkschaft Verdi: Als „dicken Kloß“ bezeichnete der Insolvenzverwalter die rund 4000 Kündigungsklagen, die im Falle eines Erfolgs den Konzern jährlich 100 Millionen Euro kosten würden.

 

 

Weil Verdi gleichzeitig den geforderten Lohnverzicht ausgeschlagen habe, hätten die drohenden Prozesse nicht wie geplant durch Abfindungen abgewendet werden können. „Ich verstehe nicht, warum diejenigen, die von einer Sanierung des Schlecker am meisten profitieren – nämlich die Arbeit­nehmer –, uns derzeit das Leben so schwermachen“, so Geiwitz gegenüber der Waiblinger Kreiszeitung.

Auch der Vorstoß der FDP hat den Schlecker-Insolvenzverwalter verärgert: „Die Verbindung zwischen der Einrichtung einer Transfergesellschaft und der Anzahl von Kündigungsschutzklagen war jeder Partei bekannt. Unsere Erfahrung sagt uns, dass wir bei Schlecker mit einer Transfergesellschaft wahrscheinlich bei unter 1000 Klagen gelandet wären. Das hätten wir ­regeln können.“

Laut Geiwitz gibt es noch vier Interessenten, die derzeit mit viel Aufwand in die Bücher sehen. „Manche wollen alles, mache nur Deutschland und Österreich sowie „Ihr Platz'“, erklärte Geiwitz. Der Verkauf der Filialen in Tschechien, Frankreich und Polen sei bereits vom alten Management angestoßen worden. Bei Frankreich sollen die Verträge in den kommenden zwei Wochen unterschrieben werden; der Verkauf in Polen sei erst einmal zurückgestellt.

 

 

Nach der Schließung von Tausenden Filialen sei der Umsatz bei Schlecker noch rückläufig – schließlich komme man von einer Auslieferungsquote von 45 Prozent, und die Regale und Läger seien „wie leer gefegt“ gewesen.

In den nächsten Monaten will Geiwitz in den Filialen „massiv die Preise senken“ – allerdings bei den Kernprodukten nur auf das Niveau der Mitbewerber: „Wir wollen aber keinen Beitrag leisten zum Preiskampf in der Branche. Stattdessen wollen wir durch unsere Nähe zum Kunden und den entsprechenden Sortimenten punkten.“

Dass die Schlecker-Familie irgendwann wieder das Ruder übernehmen könnte, schließt Geiwitz aus: Einerseits gebe es rechtliche Probleme, andererseits gäbe es eine „Revolution“, wenn nach der Kündigung von 10.000 Schlecker-Frauen die alten Eigner wieder – dann entschuldet – an die Macht kommen würden, so Geiwitz gegenüber der Süddeutschen Zeitung. Denkbar sei allenfalls eine Beteiligung von unter 25 Prozent.

 

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