Apothekenmarketing

Apotheken sollen Schaufenster verkaufen

, Uhr
Berlin -

Schaufenster sind das Aushängeschild der Apotheken. Für den Inhalt und die Gestaltung der Werbung sind die Inhaber verantwortlich. Eine Schweizer Agentur hat die Apotheken jetzt als Werbefläche für fachfremde Produkte entdeckt. Das Unternehmen Projekt Ambient Media bietet seinen Industriekunden freie Plätze in Apotheken an.

Rund 300 Apotheken sollen bereits eine Vereinbarung mit der Agentur abgeschlossen haben. Für die Akquise waren Mitarbeiter zunächst in großen Städten wie Berlin, München oder Hamburg unterwegs. Die Apotheken stellten alleine ihre Flächen zu Verfügung, erklärt Geschäftsführer Markus Liebscher.

Die Dekoration und die Auswahl der Hersteller übernimmt die Agentur. Allerdings sehen die Verträge ein Veto-Recht für die Apotheke vor, die unliebsame Inhalte unterbinden kann. Das Schaufenster soll der Anfang sein, auch Aufsteller auf dem HV-Tisch oder Flyer seien denkbar.

Noch wurde kein Schaufenster umgestaltet. Das Angebot sei als „Sahnehäubchen-Werbung“ für die Industrie gedacht, die beispielsweise auf eine bestimmte Aktion aufmerksam machen wollen, so Liebscher. Interessenten gebe es bereits. Der Tagespreis pro Apotheke startet bei 13 Euro, Dekoration inklusive. Wie viel Miete die Apotheken erhalten, wollte er nicht verraten.

In Apotheken sieht Liebscher Werbepotenzial: Die Offizin gehöre zu den frequentiertesten Einzelhändlern. Rund 300 Kunden hielten sich täglich im Schnitt sechs Minuten in einer Apotheke auf. Außerdem befänden sich Apotheken meist in guter Lage. „Warum sollten in Apotheken nur Medikamente beworben werden, wenn auch andere Anbieter passen“, so Liebscher.

Erfahrungen mit Apotheken hat der Unternehmer bisher nicht. Das Projekt wurde ein dreiviertel Jahr lang vorbereitet. Liebscher kann sich in der Offizin beispielsweise Reklame für Reiseanbieter, Sportartikel oder Fitnessstudios vorstellen. Wer Sportsalbe kaufe, sei vielleicht auch an Sportschuhen interessiert, so die Überlegung. „Die Produkte und Dienstleistungen werden nicht direkt in den Apotheken verkauft“, stellt Liebscher klar.

Grenzen durch die Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) fürchtet Liebscher bei seinem neuen Projekt nicht. Die gesetzlichen Vorgaben seien bei den Gesprächen mit den Apotheken zwar gefallen. „Letztlich ist es eine Auslegungssache, wir sind stückweise immer im Graubereich“, sagt er. Bei Sportschuhen oder Urlaubsreisen sehe er außerdem einen Gesundheitsfaktor. Startet die Reklame, werde dazu eine Argumentationskette für den Gesundheitsbezug vorbereitet.

Wird die Reklame jedoch rechtlich angegriffen, haftet letztlich der Inhaber. Erst vor kurzem wurde einem Apotheker gerichtlich verboten, Nähsets, Kühltaschen oder Feuerzeuge zu bewerben oder abzugeben. Dabei bezogen sich die Richter auf die ApBetrO, wonach apothekenübliche Waren der Gesundheit von Menschen und Tieren unmittelbar dienen oder diese fördern müssen. Bei Dienstleistungen sieht die ApBetrO allerdings nicht den „unmittelbaren“ Gesundheitsbezug vor.

Liebscher hat die Agentur 2001 gemeinsam mit Mathis Felsche gegründet. Das Unternehmen mit Sitz in Horn am Bodensee bietet Sonderwerbeformen oder Promotionaktionen an. Zunächst wurden Werbeplätze in und um Kliniken vermittelt. Seit 2006 ist die Schweizer Agentur auch in Deutschland aktiv. Heute hat die Firma auch in Österreich und Spanien Kunden.

Das Klientel ist vielfältig und reicht von Autoherstellern oder Versicherungsunternehmen über Hotels und Fluggesellschaften. Auch mit der Pharmabranche wie Procter & Gamble, Novartis, Zur Rose, Nycomed, Wala, Pfizer oder Johnson & Johnson hat die Agentur bereits gearbeitet.

Newsletter
Das Wichtigste des Tages direkt in Ihr Postfach. Kostenlos!

Hinweis zum Newsletter & Datenschutz

Neuere Artikel zum Thema

APOTHEKE ADHOC Debatte