Die Zukunft der Diabetesbehandlung ist digital – davon ist man zumindest bei Sanofi überzeugt. Anfang des kommenden Jahres startet der Konzern in den USA einen Modellversuch zu einer virtuellen Diabetesklinik.
Die Plattform integriert medizinische Geräte wie Blutzuckermessgeräte, personalisierte Betreuung durch Gesundheitsexperten, auch Medikamente sollen verschrieben werden können. Als Partner für das Pilotprogramm wurden drei private Krankenkassen gefunden. Denkbar seien solche Programme, die in den USA erstattungsfähig sind, auch hierzulande. Erste Gespräche hat Vorstandsmitglied Stefan Oelrich hierzu mit dem Netzwerkspezialisten Cisco geführt, das Projekt stecke aber noch in den Kinderschuhen. „Zunächst haben wir hier aber das Thema des Datenschutzes zu klären.“
Die virtuelle Klinik ist aus dem Joint Venture Onduo mit der Google-Tochter Verily hervorgegangen, das vor einem Jahr startete. Sanofi verfolge hier einen stärker ganzheitlichen Ansatz als bei einer rein medikamentösen Behandlung, sagte Oelrich.
Sanofi steht nach dem Patentablauf seines Kassenschlagers Lantus derzeit unter Druck. Vor allem in den USA, wo der Preisdruck unter den Herstellern zunimmt, verliert Sanofi Marktanteile. Zuletzt hatten die Drogeriekette CVS und der Krankenversicherer United Health Lantus zugunsten des Nachahmermittels Basaglar des US-Konzerns Eli Lilly aus ihren Portfolios gestrichen.
Sanofi hatte deshalb bereits zum Halbjahr vor verschlechterten Bedingungen gewarnt und einen stärkeren Rückgang im Diabetesgeschäft in Aussicht gestellt. In Europa laufe es aber weiter stabil und entwickele sich in den Schwellenländern insbesondere durch das Zugpferd China sehr positiv, betonte Oelrich.
Die Durststrecke dürfte noch länger anhalten. „Unsere Hoffnung ist es, dass wir im nächsten Zehnjahreszeitraum bei Diabetes und Herzkreislauferkrankungen wieder zu einer Wachstumsplattform zurückfinden“, so Oelrich.
Als vielversprechende Mittel in der Diabetes-Forschungspipeline rücken bei Sanofi zwei von anderen Herstellern einlizensierte Medikamentenkandidaten in den Mittelpunkt: Sotagliflozin und Efpeglenatide. Mit diesen will Oelrich die kommenden drei bis vier Jahre überbrücken. Für einen Hoffnungsträger aus dem eigenen Hause, mit dem auch Fettleibigkeit (Adipositas) bekämpft werden soll, beginnt bald die zulassungsrelevante Studie der Phase III. Sollte das Medikament seine Wirksamkeit ausreichend beweisen, traut Oelrich diesem Blockbusterpotenzial zu. Mögliche Umsatzzahlen nannte er aber nicht.
Oelrich bestätigte weiterhin Medienberichte, wonach am Standort im Frankfurter Industriepark Höchst Gespräche über einen Sozialplan laufen. „Noch fehlt die Unterschrift“. Im Frühjahr war noch von 480 gestrichenen Stellen die Rede gewesen. Inzwischen hätten sich bereits einige Mitarbeiter freiwillig verabschiedet, berichtet die Frankfurter Neue Presse. Die Zahl der Arbeitsplätze, die noch gekappt werden müssen, habe sich auf 320 reduziert hat. Davon seien die Hälfte befristete, die andere Hälfte unbefristete Jobs.
Von den 9000 Menschen, die der französische Pharmakonzern in Deutschland beschäftigt, arbeiten gut 7000 am Standort Frankfurt. Höchst bleibe aber der wichtigste Standort für das Diabetes-Geschäft von Sanofi, betonte Oelrich. „Unsere neuen innovativen Produkte werden vor dort kommen." Sanofi hat in Frankfurt schwerpunktmäßig die Forschung und Entwicklung für den Bereich angesiedelt.
Oelrich war im Oktober in den Vorstand des Konzerns aufgerückt, als „deutsche Stimme“ in dem Gremium verantwortet der Manager seitdem das weltweite Diabetesgeschäft von Sanofi. Der französische Konzern steckt – wie viele Branchenvertreter auch – seit längerem in einem organisatorischen Umbau. Anfang des Jahres trennte sich Sanofi in einem Tauschgeschäft mit Boehringer Ingelheim von seiner Tiergesundheitssparte Merial und bekam im Gegenzug das Geschäft der Deutschen mit rezeptfreien Produkten für die Selbstmedikation.
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