Vor knapp zwei Jahren musste Sanofi den PCSK-9-Inhibitor Alirocumab – besser bekannt als Praluent – vom Markt nehmen. Grund war die Entscheidung des Landgerichts Düsseldorf: Demnach verletzten Sanofi und Regeneron den deutschen Teil des europäischen Patents von Amgen. Nun bekommt der Antikörper jedoch eine zweite Chance: Seit April ist er wieder auf dem deutschen Markt.
Seit über fünf Jahren ist Alirocumab bereits zugelassen, europaweit wurden mehr als 40.000 Patienten mit dem Wirkstoff behandelt. Er ist geeignet zur Verminderung des kardiovaskulären Risikos bei Erwachsenen mit bestehender arteriosklerotischer kardiovaskulärer Erkrankung durch eine Senkung der Low-Densitiy-Lipoprotein-Cholesterin-Spiegel (LDL-Spiegel) als Ergänzung der Korrektur weiterer Risikofaktoren. Zahlreiche internationale Studien belegen das klinische Profil: Praluent konnte das relative Risiko für vaskuläre Ereignisse nach einem akuten Koronarsyndrom signifikant senken.
Zu Beginn der Behandlung werden 75 mg alle zwei Woche appliziert. Bei einer stärkeren Senkung können auch 150 mg alle zwei Wochen oder 300 mg alle vier Wochen verabreicht werden. Neu ist die monatliche Dosierung mittels Fertigpen: Er enthält 2 ml und kann vom Patienten selbst an Bauch oder Oberschenkel appliziert werden. Innerhalb von 20 Sekunden wird die Dosis nach Herabdrücken des Pens automatisch injiziert.
Für die Verordnung müssen die Patienten eine gesicherte, vaskuläre Erkrankung und regelhaft weitere Risikofaktoren für kardiovaskuläre Ereignisse aufweisen. Außerdem müssen sie refraktär gegenüber einer maximal medikamentösen lipidsenkenden Therapie sein. Die Einleitung der Therapie kann über verschiedene Fachärzte erfolgen, Folgeverordnungen im hausärztlichen Bereich können auch durch Fachärzte für Allgemeinmedizin erfolgen.
Die Basis für den damaligen Rechtsstreit bildeten die beiden Antikörper Evolocumab (Repatha, Amgen) und Alirocumab (Praluent, Sanofi): Obwohl es sich um zwei unterschiedliche Wirkstoffe handelt, haben beide die gleiche Angriffsstelle, um den LDL-Cholesterinwert zu senken. Amgen sah daher sein Patent verletzt und klagte.
Sanofi versuchte daraufhin gerichtlich eine Zwangslizenz nach §§ 24 und 81 Patentgesetz zu erwirken, die den Vertrieb des Medikaments in der Bundesrepublik ermöglichen würde: Dem Gesetz zufolge ist das möglich, wenn sich der Lizenzsucher erfolglos darum bemüht hat, vom Patentinhaber eine Lizenz zu angemessenen Bedingungen zu erhalten, oder wenn es das öffentliche Interesse gebietet. Sanofi sah vor allem letzteren Punkt gegeben: Das eigene Präparat sei dem von Amgen so weit überlegen, dass ein Ausfall vom deutschen Markt der Gemeinheit schaden würde. Doch das Gericht ließ sich nicht überzeugen.
Am 5. November hob das Oberlandesgericht Düsseldorf (OLG) das Urteil aus 2019 schließlich auf, welches Sanofi den Vertrieb und die Vermarktung von Praluent in Deutschland untersagt hatte. Auch jegliche Kommunikation mit Ärzten war diesbezüglich verboten worden. Im Oktober hatte das Europäische Patentamt (EPA) mitgeteilt, dass „bestimmte für Alirocumab relevante Ansprüche des europäischen Patents EP 2 215 124 von Amgen nicht valide sind“. Daraufhin zog Amgen die Klage zurück und die Anordnung gegen Praluent wurde aufgehoben.
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