Apotheken mit Rücken zur Wand

Sanacorp-Chef: „Dramatische Zunahme bei Zahlungsschwierigkeiten“

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Berlin -

Sanacorp-Vorsandschef Dr. Herbert Lang hat die angespannte Lage in Apotheken bewertet. „Wir sehen die Zahlungsschwierigkeiten unserer Mitglieder auch bei uns im Debitorenmanagement, das hat dramatisch zugenommen“, sagte er in einem Interview mit dem bayerischen Genossenschaftsblatt „Profil“. Wenn das Honorar nicht angepasst werde, werde es weitere Schließungen geben. Dass die Sanacorp in den Skonto-Verhandlungen mit einem großen Angebot auf die Apotheken zugehen werde, schließt er demnach aus.

Die Apotheken stünden – ohne Honoraranpassung und mit gestiegenen Fixkosten – „wirtschaftlich mit dem Rücken zur Wand“, sagte Lang, der Ende Juni in den Ruhestand gehen wird. Er geht davon aus, dass „momentan ein Drittel aller selbstständigen Apotheken in Deutschland defizitär arbeitet“. Eine Zahl, die nichts Gutes erwarten lasse. „Ohne Einkaufsvorteile durch den pharmazeutischen Großhandel zahlen sie bei rezeptpflichtigen Arzneimitteln zwischenzeitlich 0,46 Euro pro Packung drauf. Sie kommen also nur noch durch die Einkaufsvorteile des Großhandels einigermaßen auf null.“

Weder die Apotheker noch die Sanacorp als Pharmagroßhändler haben in diesem Rahmen viel Bewegungsspielraum.

Zum Skonto-Urteil sagt er: „Das betrifft alle Rabattformen und wird die wirtschaftliche Situation der Apotheken über die bereits beschriebenen Probleme hinaus nochmal stärker belasten.“ Zusätzliche Rabatte wie die Gewährung von Skonto bei schneller Zahlung seien nicht mehr zulässig. „Das betrifft uns auch intern, weil wir sämtliche Abrechnungen an die neue Rechtsprechung anpassen müssen.“

Das Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) zeige, wie stark die Apotheken finanziell von Faktoren abhingen, die sie nicht beeinflussen könnten. „Wir bewegen uns in einem extrem regulierten Markt. Weder die Apotheker noch die Sanacorp als Pharmagroßhändler haben in diesem Rahmen viel Bewegungsspielraum. Und von der Politik ist angesichts leerer Kassen in dieser Hinsicht keine Entlastung zu erwarten“.

Die Aussagen Langs dürften die Apotheken gerade in Zeiten, in denen die Inhaberinnen und Inhaber auf harte Fronten bei den Verhandlungen nach der Skonto-Sperre treffen, aufhorchen lassen. Der Vorsitzende der Genossenschaft betont, dass es „bei vielen Apotheken Spitz auf Knopf“ stehe – und fordert: „Eine Anpassung der Apothekerhonorare ist mehr als überfällig.“ Auf die eigenen Möglichkeiten, die Konditionen anzupassen oder diverse Zusatzbeiträge oder den Handelsspannenausgleich zu streichen, geht er jedoch nicht ein.

Lang betont, dass die Zinsentwicklung den Großhandel vor „echte Herausforderungen“ stelle. „Unser Warenlager hat einen Wert von rund einer halben Milliarde Euro, dazu kommen unsere Forderungen.“ Der Kapitalbedarf sei „deutlich gestiegen“. Die Sanacorp müsse die Rendite verbessern. „Dafür haben wir ein groß angelegtes Kostenprojekt gestartet. Aus Sicht der Banken brauchen wir eine deutlich bessere Rendite, um wieder zu vernünftigen Konditionen an Kapital zu kommen. Das ist ein Thema, das uns aktuell sehr stark umtreibt.“

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