Versandapotheken

Gericht will bei DocMorris pfänden

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Berlin -

DocMorris ignoriert konsequent alle Urteile zu Rx-Boni. Wegen immer neuer Verstöße gegen die ausgesprochenen Verbote hat das Landgericht Köln mehrfach Ordnungsgelder gegen die Versandapotheke verhängt – bislang insgesamt 850.000 Euro. Gezahlt hat DocMorris jedoch trotz mehrfacher Aufforderung noch nicht. Jetzt werden Vollstreckungsmaßnahmen eingeleitet.

Insgesamt hat das Landgericht Köln in sechs Fällen Ordnungsgelder gegen DocMorris verhängt – dreimal 100.000, zweimal 150.000 Euro und zuletzt sogar die gesetzliche Höchstgrenze von 250.000 Euro. Am 2. Januar hat das Oberlandesgericht Köln (OLG) auch diese Strafe bestätigt.

Doch bis heute wartet das für die Ordnungsgelder zuständige Landgericht auf eine Überweisung aus Heerlen: „Nach meiner Kenntnis ist bisher noch keine Zahlung von DocMorris auf die rechtskräftigen Ordnungsgeldbeschlüsse erfolgt“, so ein Sprecher des Landgerichts. Auf mindestens 500.000 Euro belaufen sich laut Gerichtssprecher die bereits rechtskräftig verhängten Ordnungsgelder.

Mehrfach hat das Gericht die Versandapotheke zur Zahlung gemahnt, jetzt soll der Rechtspfleger des LG das Geld eintreiben: „Dementsprechend sind Vollstreckungsmaßnahmen eingeleitet worden“, so der Sprecher. Zum aktuellen Stand kann das Gericht derzeit keine Auskunft geben. DocMorris wollte sich auf Nachfrage nicht zum Thema einlassen: Zu laufenden Verfahren äußere man sich nicht.

Der Gerichtssprecher weist aber auf die grundsätzlichen Möglichkeiten der Justiz hin: So seien zum Beispiel Pfändungen von Forderungen möglich, die DocMorris gegen andere Personen oder Unternehmen – sogenannte Drittschuldner – zustehen. „Wenn der Drittschuldner, also etwa ein Vertragspartner von DocMorris, nicht freiwillig aufgrund der Pfändung zahlt, könnte gegebenenfalls gegen diesen Klage erhoben werden“, so der Sprecher.

Eine Pfändung bei Drittschuldnern steht deshalb im Raum, weil DocMorris in den Niederlanden für deutsche Gerichte nur schwer zu fassen ist. Auslandsvollstreckungen seien deutlich aufwändiger, weil sie das Hoheitsgebiet eines anderen Staates berührten, so der Gerichtssprecher. Wenn sich die niederländischen Behörden nicht bereit erklären, von einem deutschen Gericht verhängte Ordnungsgelder zu vollstrecken, wird es schwierig.

Erster Adressat für Forderungen in Deutschland könnten bei DocMorris die Krankenkassen sein. Denn die Versandapotheke hat gegen die Kassen Ansprüche aus der Rezeptabrechnung. Allerdings hat DocMorris seine Forderungen an das Rechenzentrum König IT-Systeme abgetreten. Die Firma mit Sitz in Gottmadingen ist mit der Tochter Rezeptdata der Abrechnungsspezialist für Versandapotheken. Ob das Landgericht schon mit einem Pfändungsbeschluss an König herangetreten ist, war bislang nicht zu erfahren.

Der Gemeinsame Senats der obersten Bundesgerichte hatte im August 2012 Rx-Boni auch für ausländische Versandapotheken verboten. Kurz darauf gab es zusätzlich eine gesetzliche Klarstellung. DocMorris gewährte zunächst weiterhin Rabatte auf verschreibungspflichtige Arzneimittel. Im Oktober 2012 wurde das Bonusmodell schließlich doch umgestellt.

Kunden erhielten nur noch eine Gutschrift von einem Euro pro Rezeptzeile, zusätzlich aber bis zu 15 Euro Prämie, wenn sie an einem Arzneimittel-Check teilnahmen. Die Apothekerkammer Nordrhein erwirkte eine einstweilige Verfügung. Die Prämie wurde auch vom Gericht als versteckter Rabatt gesehen, da sie an die Einreichung eines Rezeptes gekoppelt war. Wegen Verstößen gegen das gerichtliche Verbot wurden Ordnungsgelder gegen DocMorris verhängt.

Der echte Barrabatt in Höhe von einem Euro wurde dann gestrichen, dafür erhöhte DocMorris die maximale Prämie auf 20 Euro. Die konkrete Höhe hing von den verordneten Arzneimitteln ab. Wieder erwirkte die Apothekerkammer Nordrhein eine einstweilige Verfügung, wieder wurden neuerliche Verstöße der Versandapotheke vom Gericht geahndet.

Das Landgericht Köln verbot DocMorris später auch eine „Fahrtkostenerstattung“ von bis zu zehn Euro bei der Einsendung von Rezepten. Auch Boni für kopierte Rezepte wurden der Versandapotheke untersagt, ebenso eine kostenlose ADAC-Mitgliedschaft in Verbindung mit eingelösten Rezepten. Nicht immer werden die neuen Bonusmodelle auch offensiv beworben, zum Teil auch einfach von der Rechnungen abgezogen.

Dass sich die Versandapotheke ihres gesetzwidrigen Handelns vollkommen bewusst ist, zeigt ein Blick in den Geschäftsbericht von Zur Rose: Bereits 2012 habe der Deutsche Bundestag klargestellt, dass die Arzneimittelpreisverordnung auch für ausländische Versandapotheken gelte, heißt es im Lagebericht für 2013. „Dies bezog sich insbesondere auf die sogenannten Rx-Boni – Rabatte ausländischer Versandapotheken auf rezeptpflichtige Medikamente.“

Im Juni 2013 habe der Gesetzgeber die Bonusregelung aus dem Jahr 2012 bestätigt und „Rx-Boni und damit auch alle Zuwendungen und Werbegaben für verschreibungspflichtige Arzneimittel, die gegen das deutsche Arzneimittelpreissystem verstoßen“, vollständig verboten. „Das Verbot bezieht sich aus juristischer Sicht auch auf monetäre Anreize zur Förderung der Akzeptanz von Compliance- und Adherence-Maßnahmen.“

„DocMorris ist es seit Ende 2012 untersagt, den Patientinnen und Patienten Rabatte zu gewähren“, heißt es weiter. In diesem Zusammenhang stehe auch die gerichtliche Entscheidung gegen den Prämienanreiz zur Durchführung des individuellen Arzneimittel-Checks. Aber: „Mit dem Arzneimittel-Check will DocMorris die Therapietreue der Patientinnen und Patienten verbessern und dadurch teure Folgen von Therapieabbrüchen möglichst verhindern. Konsequenterweise bietet das Unternehmen den Arzneimittel-Check weiter an.“

DocMorris war Ende 2012 von Zur Rose übernommen worden. Die Firma aus der umgeht permanent gesetzliche Regelungen – etwa was das deutsche Fremdbesitzverbot angeht, das Versandverbot für OTC-Medikamente in der Schweiz oder die Zuweisung von Rezepten durch Ärzte.

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