Schlussanträge am EuGH

Rx-Boni: Kammer ist schockiert

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Berlin -

Bei der Apothekerkammer Nordrhein (AKNR) reagiert man entsetzt auf die Schlussanträge des Generalanwalts am Europäischen Gerichtshof (EuGH) zum Thema Rx-Boni. Keines der vorgetragenen Argumente sei berücksichtigt worden. Und plötzlich steht wieder die Schadenersatzforderung von DocMorris im Raum.

„Die Schlussanträge überraschen, da sie entgegen der jüngeren Urteile des Gerichtshofs den Anwendungsbereich des Gemeinschaftskodex deutlich einschränken, sodass eines der wichtigsten Ziele, nämlich die Vollharmonisierung des Arzneimittelvertriebs in der EU nicht erreicht werden kann“, kommentiert Dr. Morton Douglas, Rechtsanwalt der von der AKNR mandatierten Kanzlei Friedrich Graf von Westphalen & Partner.

„Diese Annahme würde zu einem schwer verständlichen Auseinanderfallen des Begriffs der ‚Werbung für Arzneimittel‘ im Bereich der verschreibungspflichtigen und der nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel führen und Folgefragen aufwerfen, etwa wenn der Versender die Bonifizierung nur bei Verschreibung einer bestimmten Indikation vornimmt“, ergänzte Douglas. „Dies dürfte gerade mit Blick auf das zunehmende Angebot von Plattformen, auf denen sich der Patient sein Arzneimittel und die Verschreibung aus einer Hand besorgt, zu erheblichen Gesundheitsgefahren führen.“

Pauschale Beurteilung

Ähnlich sieht es Dr. Bettina Mecking, Justiziarin und Geschäftsführerin der AKNR: „Die pauschale Beurteilung der unterschiedlichen Werbemaßnahmen und deren Wirkung auf mögliche Folgeeinkäufe von Arzneimitteln, die in der mündlichen Verhandlung durchaus diskutiert wurde, findet sich im Schlussantrag nicht wieder.“ Vielmehr blende Generalanwalt Maciej Szpunar dies aus, obgleich er selbst auf die Risiken von entsprechenden Aktionen beim Einkauf von nicht-verschreibungspflichtigen Arzneimitteln hinweise.

„Sollte der Gerichtshof den Schlussanträgen folgen, so würden das Ziel des europäischen Rechts der Schaffung eines hohen Gesundheitsschutzniveaus, das durch die jüngsten Entscheidungen zu nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel geschaffen wurde, im Bereich der verschreibungspflichtigen Arzneimittel geopfert werden, obgleich nicht erkennbar ist, dass der Verbraucher in Zusammenhang mit Blick auf die unsachliche Beeinflussung weniger schutzwürdig ist“, so Mecking weiter.

Unberücksichtigt geblieben sei auch die Tatsache, dass der deutsche Gesetzgeber durch die Einführung der elektronischen Verschreibung die zum Zeitpunkt des EuGH-Urteils aus dem Jahr 2016 noch bestehenden Nachteile mit Blick auf die postalische Übermittlung von Verschreibungen beseitigt habe und der Marktzugang inzwischen ein ganz anderer sei als damals, sodass die damaligen Überlegungen nicht greifen dürften. „Insoweit gibt es faktisch keine Ungleichbehandlung mehr“, verdeutlicht Douglas.

„Der Generalanwalt hat schließlich den besonderen Charakter der Arzneimittel und die Beratung durch den Apotheker außer Betracht gelassen, die auch und gerade bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln relevant für den Gesundheitsschutz sind und deren außer Achtlassen daher zu einer Gesundheitsgefahr führen kann. Das alleinige Abstellen auf die Verschreibung zur Gewährleistung des Gesundheitsschutzes zeugt von einem zu kurzen Verständnis der Arzneimittelversorgung und negiert die Bedeutung des Berufs des Apothekers“, so Douglas.

Entscheidend werde aber das Urteil sein. Zuletzt hatte etwa beim Amazon-Urteil der EuGH im Urteil eine strengere Linie eingeschlagen, als der Generalanwalt in seinen Schlussanträgen vorgeschlagen hatte. Für die Kammer geht es um viel: DocMorris fordert 18 Millionen Euro an Schadenersatz.

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