DocMorris hatte schon am Tag des EuGH-Urteils ein neues Bonus-Modell scharf geschaltet. Nächstes Ziel sind Verträge mit Krankenkassen, die ihren Versicherten dann wiederum die Versandapotheke empfehlen. „Ich gehe davon aus, dass wir bis Ende des Jahres den ersten Vertrag mit einer Krankenkasse abschließen werden“, sagte DocMorris-Chef Olaf Heinrich der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ).
Der EuGH hat entschieden, dass sich ausländische Versandapotheken nicht an die deutsche Preisbindung halten müssen. DocMorris gewährt seitdem 2 Euro pro verschreibungspflichtigem Arzneimittel, bei teuren Medikamenten gibt es bis zu 12 Euro. Die Europa Apotheek Venlo (EAV) gewährt sogar bis zu 30 Euro Nachlass.
Im GKV-Lager werden solche Bonussysteme kritisch beäugt. Zwar sind die Kassen grundsätzlich gegen die Preisbindung bei Arzneimitteln, Einsparungen stehen nach ihrer Auffassung aber der gesamten Solidargemeinschaft zu und nicht Einzelnen. Vor allem von der Zuzahlung befreite Versicherte könnten ansonsten auf Kosten der Kasse Geld verdienen.
Die Kassen suchen daher nach Wegen, wie sie selbst von den Rabatten profitieren können. Selektivverträge mit DocMorris & Co. kombiniert mit Chronikerprogrammen für die Versicherten sind das Ziel. Davon würden alle Beteiligten profitieren, Verlierer wären die Apotheker und auf lange Sicht womöglich die Patienten.
Heinrich hat gegenüber der FAZ noch nicht verraten, wie die Verträge aussehen könnten und welchen Teil des Bonus' die Krankenkassen abbekommen. Es wird Verhandlungssache sein, zu welchem Preis sich die Kassen ihre Bedenken gegen die negative Steuerungswirkung der Boni abkaufen lassen.
Möglicher erster Partner wäre etwa die Siemens BKK. Deren Vorstandschef Hans Unterhuber sagte der Zeitung: „Es wäre für uns durchaus attraktiv, wenn auch die Versichertengemeinschaft von möglichen Rabatten profitieren würde. Erste Kontakte mit Versandapotheken habe es zu diesem Thema schon gegeben.
Dass die Kassen in dieser Frage nicht auf der Seite der Vor-Ort-Apotheken stehen würden, hatte sich schnell nach der Urteilsverkündung abgezeichnet. Heute legte der GKV-Spitzenverband nach und kommentierte die Forderung der Apotheker nach einem Rx-Versandverbot so: „Jenseits der Lobbyinteressen der niedergelassenen Apotheker lässt sich kein Grund erkennen, warum der Online-Versandhandel mit Medikamenten pauschal verboten werden sollte.“ Auch wenn ein pauschales Verbot nie zur Debatte stand – die Kassen haben sich eindeutig positioniert.
Ob die Apotheker mit ihrer Forderung bei der Politik durchdringen werden, ist mehr als ungewiss. Zwar haben Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) und Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) Gesetzesinitiativen angestoßen, doch die SPD ist nicht überzeugt. Gesundheitsexperte und Fraktionsvize Professor Dr. Karl Lauterbach hat sich sogar explizit gegen ein Rx-Versandverbot ausgesprochen.
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