Nach dem gestrigen EuGH-Urteil zu Rx-Boni wird sich der Markt verändern: Denkbar wäre etwa eine Wiederbelebung von Pick-up-Konzepten. Damit hatte sich in der Vergangenheit vor allem die Drogeriekette dm profiliert. Das Karlsruher Unternehmen will nun aber zunächst abwarten, wie sich das Urteil auf den deutschen Arzneimittelmarkt tatsächlich auswirkt.
Das Rezept im Drogeriemarkt abgeben und die Arzneimittel wenige Tage später dort abholen – dm war Vorreiter in Sachen Pick-up. Doch die Kunden haben das Modell nicht besonders gut angenommen, weshalb die Terminals im vergangenen Jahr aus den Filialen verschwanden.
Wird das Projekt angesichts des EuGH-Urteils jetzt reanimiert? Auf der Jahrespressekonferenz in Berlin zeigte sich dm-Geschäftsführer Christian Harms zwar zurückhaltend, wollte aber nichts ausschließen. „Das Urteil ist noch zu frisch. Bevor wir belastbare Aussagen treffen können, müssen wir abwarten, welche Schritte der Gesetzgeber unternimmt“, sagte er.
Fest steht, dass Rx-Boni ausländischer Versandapotheken den Anreiz wieder deutlich erhöhen könnten. Damit hatte dm auch während der Kooperation mit der Europa Apotheek Venlo (EAV) gelockt. Im Sommer 2004 wurde in einer Filiale in Nordrhein-Westfalen der erste „Pharma-Punkt“ installiert. dm-Kunden konnten ihre Arzneimittel bestellen und nach einigen Tagen abholen. Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) segnete das Pick-up-Konzept als Spielart des Versandhandels ab.
Der bundesweite Roll-out folgte 2008. Und die Konkurrenz zog nach: In den Filialen der früheren Drogeriekette Schlecker wurden ebenfalls Arzneimittelbestellungen aufgenommen. Die damals hauseigene Versandapotheke Vitalsana war hier der Sparringspartner. Mit der Schlecker-Pleite im Jahr 2012 endete dieses Pick-up-Projekt allerdings schlagartig.
Im Herbst 2012 sickerte außerdem durch, dass dm sich einen neuen Partner suchen würde. Zum Jahreswechsel löste „Zur Rose“ die EAV ab. Rx-Boni waren da als Lockmittel für Kunden weggefallen: Anders als DocMorris respektierte die EAV die Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Bundesgerichte vom August 2012 und bot fortan keine Rabatte auf verschreibungspflichtige Arzneimittel mehr an.
Zur Rose mit Sitz in Halle wurde ab 2013 neuer Partner der Drogeriekette. Hinter der Apotheke steht die gleichnamige Logistikfirma, die ihrerseits zur schweizerischen AG gehört und für Inhaber Ulrich Nachtsheim Logistik-, Marketing- und Vertragsdienstleistungen erbringt. Doch auch mit „Zur Rose“ lief Pick-up nicht zur Zufriedenheit von dm. Im vergangenen Jahr wurde Konzept auf ein Minimum reduziert: Lediglich der Abholservice blieb erhalten, die Bestellterminals wurden abgebaut. Vielleicht kommen sie demnächst wieder zum Einsatz.
Die Drogeriekette hat nach eigenen Angaben im Geschäftsjahr 2015/2016 insgesamt 9,7 Milliarden Euro (plus von 7 Prozent) umgesetzt. Auf Deutschland entfielen dabei rund 7,5 Milliarden Euro (plus von 6,6 Prozent). Im Vergleich zum Vorjahr stieg die Filialzahl hierzulande um 81 Standorte. Laut Harms kaufen täglich mehr als 1,8 Millionen Kunden in einem der insgesamt 1825 deutschen dm-Märkte ein.
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