Familiendynastien

Ruth Merckle verstorben

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Berlin -

Ruth Merckle ist tot. Sie verstarb bereits am 30. April im Alter von 81 Jahren. Die kirchlich engagierte Unternehmerin hinterlässt vier Kinder und ein unternehmerisches Vermächtnis, zu dem unter anderem Phoenix, HeidelbergCement und Kässbohrer gehören.

Eine große Trauergemeinde verabschiedete sich im Ulmer Münster und auf dem Friedhof von Blaubeuren von der Unternehmerin, die Medienberichten den Folgen mehrerer Schlaganfälle seit 2015 erlegen war. Sie sei eine „charismatische Persönlichkeit“ gewesen, die auf Menschen zuging und das biblische Gebot „dienet einander“ lebte, so der Geistliche Ernst-Wilhelm Gohl bei der Trauerfeier.

So habe Ratiopharm noch vor anderen Pharmaunternehmen Strukturen zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie geschaffen. Der Betriebskindergarten wurde beispielsweise auf ihre Initiative hin gegründet, außerdem gab es bei Ratiopharm als einem der ersten deutschen Unternehmen eine Juniorenfirma. Merckle habe eine neue Unternehmenskultur geschaffen, eine Frauenreferentin eingestellt und Kunst in das Unternehmen gebracht, berichtete die langjährige Betriebsratsvorsitzende Anne Mack. Noch heute trägt das Empfangsgebäude von Ratiopharm ihren Namen.

Auch in der Kirche hat die pietistisch geprägte Unternehmerin ihre Spuren hinterlassen. Sie saß im Rat der Evangelischen Kirche Deutschlands und habe dort Brücken zwischen Kirche und Wirtschaft gebaut, so Michael Freiherr Truchseß vom Arbeitskreis Evangelischer Unternehmer. Auch der württembergische evangelische Landesbischof Frank Otfried July hatte sie in einem Kondolenzschreiben zuvor als „Übersetzerin zwischen Kirche und Wirtschaft“ gewürdigt, die so zum gegenseitigen Verständnis beigetragen habe. In Blaubeuren war sie unter anderem mehrere Jahrzehnte Kirchengemeinderätin und in der Hospiz-Gruppe aktiv.

Ruth Merckle kam aus gutem Hause: Sie entstammt der Zement-Dynastie Schwenk/Schleicher und wurde am 28. April 1937 in Ulm als Tochter von Erna und Kurt Holland geboren. Von Hause aus Krankengymnastin, baute sie gemeinsam mit ihrem Ehemann Adolf Merckle ab 1967 Merckle/Ratiopharm auf und war von 1974 bis 2002 Geschäftsführerin. In den Anfangsjahren hätten beide die ersten Lieferungen persönlich in die Apotheken gebracht, erinnerte Dr. Bernd Scheifele anlässlich der Feierlichkeiten zum 25-jährigen Jubiläum von Phoenix.

Bis zur Finanzkrise war Ruth Merckle im Unternehmen präsent, nach dem Tod ihre Ehemanns im Januar 2009 zog sie sich aus der Öffentlichkeit zurück. Ihre Aufgabe war es nun, die Familie zusammenzuhalten, was ihr auch gelang. Sohn Ludwig Merckle übernahm die Leitung des Firmenimperiums. Insgesamt gibt es vier Kinder: Philipp-Daniel Merckle, ihr zweitältester Sohn, zog sich 2008 nach Streitigkeiten über die Ausrichtung von Ratiopharm aus der Gruppe zurück. Jutta Breu lebt in Berlin und betreut gemeinsam mit ihrem Mann die Sammlung des Malers Josef Hegenbarth sowie Ländereien in Fehrbellin. Tobias Merckle leitet das Seehaus Leonberg, ein Projekt für straffällige Jugendliche. Insgesamt gibt es zehn Enkelkinder.

Ruth Merckle war – wie ihr Mann – für Bescheidenheit bekannt: Bis zuletzt lebte sie in einem schlichten Haus in der baden-württembergischen Kleinstadt Blaubeuren, deren Ehrenbürgerin sie ist. Geprägt war ihr Weltbild von Fleiß und Disziplin, was sie auch leitenden Angestellten mit auf den Weg gab. Bergsteigen war ihr Hobby, das Ehepaar unternahm zwischen 1979 und 2005 mit Bergführer Siegfried Hupfauer über 30 mehrwöchige Trekkingtouren, etwa im Himalaya, in Äthiopien und Zentralafrika, Myanmar, Jemen, Iran, Patagonien, Bolivien und Peru. Mehrere 5000er und 6000er wurden bestiegen; nach dem Tod von Adolf Merckle traf sich die 20-köpfige Gruppe jedes Jahr am Grab des Unternehmers. 1983 war Ruth Merckle die offizielle Erstbesteigerin eines 5250 Meter hohen Bergs in Bhutan, der nach ihr benannt wurde: Meru Kang II.

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