In einer gemeinsamen Pressemitteilung informierten Staatsanwaltschaft Mannheim und Landeskriminalamt (LKA) Baden-Württemberg am Freitag über die kürzlich erfolgten Durchsuchungen wegen des Vertriebs nicht zugelassener Arzneimittel in Deutschland. Der Erklärung zufolge wird gegen zwei Pharmahändler und "rund einhundert Apotheker aus dem gesamten Bundesgebiet wegen des Verdachts des Betrugs, der Beihilfe zum Betrug und des Verstoßes gegen das Arzneimittelgesetz" ermittelt.
Nach den bisherigen Ermittlungen des LKA bestehe der Verdacht, dass im Wesentlichen zwei Hauptbeschuldigte den Vertrieb von weder in Deutschland noch in Europa zugelassenen Arzneimitteln an deutsche Apotheker organisiert haben. Bei den Medikamenten handele es sich um meist in der Krebstherapie verwendete Zytostatika, die zum Teil in einzelnen EU-Staaten national zugelassen sind
und teilweise aus außereuropäischen Ländern stammen. Diese Arzneimittel seien "deutlich billiger als hier zugelassene Arzneimittel". In den Vertrieb dieser Medikamente seien unter anderem Firmen von der Isle of Man und aus Dänemark eingebunden gewesen.
Bei den betroffenen Apothekern bestehe der Verdacht, dass sie die günstig importierten Arzneimittel als in Deutschland beziehungsweise Europa zugelassene Arzneimittel zu den hohen deutschen Preisen mit den Krankenkassen abgerechnet hätten.
Im Rahmen des Ermittlungsverfahrens wurden vor knapp zwei Wochen 66 Wohnungen, Büros und Geschäfträume in mehreren Bundesländern und in der Schweiz durchsucht. An der Aktion in Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein, Thüringen und im Kanton Basel/Schweiz waren rund 200 Beamte von Polizei, Justiz sowie Mitarbeiter der staatlichen Apothekenaufsicht beteiligt. Es wurden umfangreiche Beweismittel wie
Geschäftsunterlagen und elektronisch gespeicherte Daten sowie nicht zugelassene Medikamente sichergestellt. Das LKA Baden-Württemberg hat mit der Auswertung der Unterlagen und der Überprüfung der Medikamente begonnen.
Nach derzeitiger Einschätzung entstand den gesetzlichen Krankenkassen ein Schaden von mehreren Millionen Euro. Den Ermittlern lägen Verdachtsmomente vor, dass sich unter den "in großem Umfang in Deutschland vertriebenen Arzneimitteln auch Fälschungen, das heißt Arzneimittel ohne ausreichenden Wirkstoffgehalt", befinden könnten. Weitergehende Erkenntnisse seien erst nach Auswertung der beschlagnahmten Unterlagen und nach Überprüfung der beschlagnahmten Medikamente zu erwarten.
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