„Jede Apotheke braucht einen Automaten“

Rowa Smart als Einstiegsvariante

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Berlin -

Seit zwei Jahren herrscht beim Automatenhersteller BD Rowa der Ausnahmezustand: Einerseits ist der Auftragseingang regelrecht explodiert, andererseits steigen die Kosten und ruckeln die Lieferketten. Dr. Torben Schuettfort, der zum 1. Juli die Geschäftsführung von Antonios Vonofakos übernommen hat, nimmt es sportlich. Denn über kurz oder lang wird aus seiner Sicht keine Apotheke um Automatisierung herumkommen.

Schuettfort ist seit sieben Jahren bei Rowa an Bord. Der promovierte Physiker hatte zuvor in Hamburg für Olympus gearbeitet, bevor er in Kelberg zuerst das Produktmanagement leitete, später den Bereich Verblisterung und zuletzt für den technischen Bereich mit Produktion, Einkauf und Logistik die Verantwortung übernahm. Das ist genau jenes Ressort, das seit seinem Antritt vor besonderen Herausforderungen steht.

„Ende 2021 ist die Nachfrage bei uns extrem gestiegen“, berichtet Schuettfort. „Das hat sich 2022 weiter intensiviert. Gefühlt wollte plötzlich jede Apotheke einen Automaten.“ Denn einerseits seien bis dahin wegen der Pandemie viele Investitionen verschoben worden, andererseits hätten viele Apothekerinnen und Apotheker erkannt, dass die Automatisierung eine Lösung sein kann, um den grassierenden Fachkräftemangel abzufedern.

Jede Woche ein neues Thema

Der plötzliche Boom hat allerdings auch Rowa zeitweise an die Belastungsgrenze gebracht: Nicht nur galt es, die Auftragswelle abzuarbeiten. Hinzugekommen seien massive Probleme bei den Lieferketten. „Man kann fast sagen, wir hatten jede Woche eine neue Herausforderung.“ Ob Elektronik, Bauteile oder auch Motoren und Platinen – immer wieder seien Lieferanten ausgefallen, habe man sich nach neuen Bezugsquellen umschauen müssen. „Das bedeutete für uns: viele Überstunden, viele schwierige Gespräche.“

Bis heute sei es eine Herausforderung, die Lieferzeiten einigermaßen akzeptabel zu halten, sagt Schuettfort. Dass man die schwierige Situation so gut meistern konnte, habe man einerseits der Anbindung an BD als Großkonzern zu verdanken, andererseits den agilen Strukturen im Team, die unter seinem Vorgänger Vonofakos eingezogen wurden.

So sei es gelungen, mitten in der Lieferkrise mit EasyLoad ein neues Produkt zu launchen, dass erstmals von Verantwortlichen aus den verschiedenen Teams gemeinsam entwickelt worden sei. Zwar habe es drei Monate lang Startschwierigkeiten gegeben, räumt Schuettfort ein. Am Ende habe man aber die Feuertaufe bestanden und ein Produkt abgeliefert, das der bisherigen Technik bei der automatischen Einlagerung weit überlegen sei.

Rund 1500 neue Anlagen hat Rowa in den vergangenen zwölf Monaten weltweit installiert, unter anderem in Japan und Argentinien. Insgesamt gibt es nach einem durchweg zweistelligen Wachstum in den vergangenen Jahren mittlerweile 12.000 Automaten. Und noch immer seien die Auftragsbücher für sechs bis neun Monate voll.

Version ohne Zusatzoptionen

Dass man jetzt aber immerhin einmal durchatmen könne, sei wichtig, so Schuettfort. Denn schon steht die nächste Neueinführung an: Um Apotheken für die Automatisierung zu gewinnen, die bislang die Kosten gescheut haben, will Rowa in Kürze eine neue kostengünstige Variante des Einstiegsmodell „Smart“ präsentieren. „Mit einer einfachen Version ohne Zusatzoptionen wollen wir die Einstiegshürde so niedrig wie möglich halten.“ Lieferbar ist die neue Anlage bereits innerhalb von zwei Monaten, da sie in einem standardisierten Prozess hergestellt wird.

Denn auch das gehört zur Wahrheit: Wegen der explodierenden Beschaffungskosten sah sich Rowa im vergangenen Jahr gezwungen, die Preise für seine Produkte anzuheben. „Wir mussten korrigieren, denn wir konnten gar nicht so schnell reagieren, wie sich die Marktpreise verändert haben. Am Ende haben wir viel Umsatz, aber kaum Ertrag gemacht.“

Bei Rowa geht man davon aus, dass die Nachfrage weiter hoch bleiben wird: Dass die Löhne stark gestiegen seien und aufgrund der Inflationen wohl weiter steigen würden, sei für viele Inhaberinnen und Inhaber ein zusätzliches Argument, über die Anschaffung eines Kommissionierers nachzudenken. Mit mehr als 12.000 Installationen weltweit stehe man also eigentlich erst am Anfang einer langen Erfolgsgeschichte: „Wir sind überzeugt, dass ein Automat ins Lager jeder Apotheke gehört.“

Zweite Chance für Visavia

Und nicht nur das: Auch Abholautomaten sollten laut Schuettfort fester Bestandteil der Offizin werden – „weil der Verbraucher das will“. Nach den Abwehrkämpfen gegen Visavia vor vielen Jahren freue man sich, dass die Abda ihre Positionen überdenke. „Es doch gerade das Alleinstellungsmerkmal der Apotheke vor Ort, dass Beratung und Warenlager nahe am Patienten sind. Da sollte man auch die Abholung außerhalb der Öffnungszeiten ermöglichen.“

In Ländern wie Belgien und Niederladen erfreuten sich die Automaten großer Beliebtheit, gerade für Omnichannel-Konzepte. Doch auch hierzulande steige die Nachfrage nach der Soft- und Hardware. „Das wird mit dem E-Rezept weiter zunehmen, ist also der Weg in die Zukunft.“ Bereits jetzt habe man mehrere hundert Systeme verkauft.

Beim Thema Verblisterung fühlt sich Rowa derzeit in Deutschland noch immer ausgebremst, hier starte man derzeit im Ausland durch. Auch hier hofft Schuettfort auf ein Umdenken bei der Abda. „Es ist bekanntlich auf Dauer nie gut, wenn man sich einmauert.“

Die digitale Sichtwahl Vmotion wird von mehr als 1500 Apotheken am HV-Tisch oder im Schaufenster genutzt, der Fokus liegt dabei eher auf innovativen Standorten. „Das ist sicherlich eine gute Ergänzung um apothekeneigene Dienstleistungen oder Produktangebote zu bewerben. Wir sehen allerdings derzeit insgesamt im Markt mehr Bedarf und Dynamik in der Last Mile Logistik und den Abholprozessen.“

Zwischen Trend und Experiment

Andere in den vergangenen Jahren getestete Angebote wie die Checkout-Kassen oder Kühlschränke haben sich laut Schuettfort nicht etabliert und sind als Experimente abgehakt. Dennoch werde man auch künftig den Trends nachspüren, in die sich die Arzneimittelversorgung entwickeln wird. „Wir wollen die Apotheke dabei stärken, innovative Dienstleistungen anzubieten, bei denen der Patient im Fokus steht.“

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