Riemser verstärkt seine internationale Präsenz: Künftig vertreibt das Greifswalder Pharmaunternehmen Triamcinolonhexacetonid auf dem kanadischen und Jylamvo auf dem britischen Markt. Damit baut der Hersteller sein Angebot für Spezialpharmazeutika in therapeutischen Nischen aus.
Mit Triamcinolonhexacetonid könne man eine Versorgungslücke für die 24.000 minderjährigen Patienten in Kanada schließen, die an juveniler Arthirits leiden, so Riemser. Denn der seinerzeit einzige kanadische Anbieter des Wirkstoffs hatte den Vertrieb 2014 eingestellt. Daraufhin wandten sich Patienten- und Ärzteverbände an den Hersteller Medexus und dieser wiederum an Riemser. Medexus ist seit Ende 2016 Vertriebspartner des deutschen Pharmaunternehmens. Die Zulassung habe man „in der kürzestmöglichen Zeit von nur einem Jahr“ erhalten; Markteinführung soll im Frühjahr sein. In Deutschland wird Triamcinolonhexacetonid seit 2001 unter dem Markennamen Lederlon vertrieben, außerdem unter verschiedenen Markennamen in 17 weiteren Ländern in Europa, Asien und Südamerika.
Für Jylamvo wiederum hat Riemser vom britischen Hersteller Therakind die Vertriebsrechte für den britischen und irischen Markt erworben. Das Präparat soll die Behandlung von rheumatoider Arthritis und Psoriasis bei Kindern und Erwachsenen erleichtern, da der Wirkstoff Methotrexat nicht als Spritze oder Tablette, sondern in flüssiger Form eingenommen wird. Zudem sei die flüssige Einnahme deutlich günstiger als Injektionen. Bisher werden auf dem britischen Markt laut Riemser rund zwei Millionen Packungen Methotrexat-Tabletten und „eine ebenfalls beträchtliche Anzahl von Injektionen“ verkauft. Einen Teil dieses Marktes will Riemser damit abgreifen. Hilfreich könnte dabei sein, dass die britischen Gesundheitsbehörden für Jylamvo höhere Erstattungsbeträge gewähren, da die Darreichungsform die Compliance verbessert.
Laut Firmenchef Konstantin von Alvensleben sind die Zulassung und der Lizenzerwerb als Teil der Unternehmensstrategie zu sehen, „weil sie zum einen unser Produktportfolio in zweien unserer Kernindikationsbereiche – Rheumatologie und Onkologie – erweitern und zum anderen wichtige Schritte bei der weiteren Internationalisierung von Riemser darstellen“. Aktuell vermarktet Riemser 112 Produkte in mehr als 60 Ländern. Wichtigste Absatzmärkte seien Kliniken und niedergelassene Fachärzte. „Wir haben exzellente Produkte und ein etabliertes Netzwerk. Das ist eine wichtige Basis für das weitere Wachstum.“
Wichtigster Therapiebereich von Riemser ist mit einem Umsatzanteil von 30 Prozent die Onkologie; Tepadina (Thiotepa), ein Lizenzprodukt von Adienne, ist in diesem Segment eines der bedeutendsten Produkte. Mit Akynzeo (Netupitant/Palonosetron) hat Riemser ein Supportivum von Helsinn einlizenziert, das noch Patentschutz genießt. Der Bereich Antiinfektiva wird teilweise über Riemsers einzig verbliebene Fabrik in Schiffweiler beliefert, beispielsweise werden hier Tuberkulosemedikamente gefertigt. „Wir sind der einzige Hersteller in Deutschland mit einer eigenen Produktion für diese wichtigen Antiinfektiva“, so Alvensleben. Der Bereich macht mit Produkten wie Vancomycin, Terizidon oder Eremfat rund 20 Prozent des Umsatzes aus.
Ein weiteres wichtiges Standbein ist mit 15 Prozent Umsatzanteil die Neurologie. Im vergangenen Jahr hatte Riemser die ZNS-Sparte von Dolorgiet übernommen, dazu gehörten das Antidepressivum Anafranil (Clomipramin), das Schlafmittel Staurodorm (Flurazepam) und das Migränepräparat Migränerton (Paracetamol/Metoclopramid). Weitere Indikationen sind Dermatologie (Leioderm, Elacutan, Mykundex) und Kardiologie (Aldactone, Lanitop), auf die je 10 Prozent entfallen. Den Rest des Umsatzes teilen sich Spezialprodukte wie das aus Stierhoden gewonnene Enzympräparat Hylase (Hyaluronidase).
Riemser ist aus dem Friedrich-Loeffler-Institut hervorgegangen. 1992 hatten Norbert und Dagmar Braun die auf Tierarzneimittel spezialisierte Firma aus der Treuhand-Masse übernommen und durch Zukäufe kontinuierlich ausgebaut. Außerdem baut die Familie seit dem Verkauf von Riemser mit Cheplapharm einen neuen Spezialhersteller auf. Hauptsitz ist heute Berlin, insgesamt hat Riemser drei Standorte in Deutschland. Neben dem internationalen Vertriebsnetzwerk besitzt das Unternehmen eine Tochtergesellschaft namens Keocyt in Frankreich und eine mit Namen Intrapharm in England.
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