Das Gesundheitsministerium Rheinland-Pfalz will das Visavia-Pilotprojekt nicht mehr fortführen. Das erklärt Minister Alexander Schweitzer (SPD) in seiner Antwort auf eine Kleine Anfrage des CDU-Abgeordneten Herbert Schneider. Gestoppt wurde das Projekt demnach von der Landesapothekerkammer (LAK), die die notwendige Zustimmung zum Einsatz der Abgabeterminals verweigert hatte.
Bei Visavia können Patienten Arzneimittel aus einem Automaten beziehen. Über einen Bildschirm kann ein Apotheker die Kunden beraten, auch Rezepte können eingelesen werden. Die Abgabe von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln über ein Automatensystem mit Videokonferenz war bereits 2010 durch das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) untersagt worden. Carefusion/Rowa hatte daraufhin die Terminals angepasst und in Rheinland-Pfalz zusammen mit Landespolitikern einen neuen Anlauf gestartet.
Das Pilotprojekt begann im Juli 2012 und lief bis Mitte Januar 2013. Die Universitäten Trier und Mainz übernahmen die Evaluation. In vier Apotheken in Haßloch, Osthofen, Bodenheim und Daun wurden zunächst parallel zu den Öffnungszeiten Automaten betrieben. Im Oktober 2012 wurden die Betriebszeiten ausgeweitet: Patienten konnten von Montag bis Samstag zwischen 6 und 22 Uhr Arzneimittel an den Terminals erhalten. In Haßloch wurde der Versuch vorzeitig beendet, weil der Aufwand sehr hoch war und nur wenige Patienten das Angebot wahrnahmen.
Das Modellprojekt erbrachte Schweitzer zufolge „erste Hinweise auf positive Ergebnisse im ländlichen Raum“. Allerdings habe die Auswertung auch gezeigt, dass die organisatorischen und finanziellen Rahmenbedingungen des beschränkten Projekts nicht ausreichten, um eine endgültige und aussagefähige Bewertung vornehmen zu können.
Für eine dritte Phase des Modellprojekts ist laut Schweitzer die Zustimmung der LAK zum Einsatz des Terminals im Apothekennotdienst notwendig. Die Kammer habe diese Zustimmung aber derzeit nicht in Aussicht gestellt.
„Eine Erweiterung hätte gegen das Recht verstoßen“, betont LAK-Geschäftsführer Arnulf Klein. Die Kammer habe die Rechtslage nicht ignorieren können. Zudem sei Visavia nicht auf hinreichend Akzeptanz in der Bevölkerung gestoßen: „Die Menschen reden lieber mit einem Apotheker als mit einem Automaten“, so Klein. Und in der Kammer bevorzugt man ohnehin das Notdienstapothekennetz.
Bei Carefusion/Rowa heißt es, man habe wegen der Bedenken der LAK von der Fortführung des Projekts abgesehen. In einer weiteren Phase hätten mehr Apotheken an dem Modellversuch teilnehmen und die Öffnungszeiten verlängert werden sollen. „Ohne eine Ausweitung des Projektes hat eine Fortführung keinen Sinn“, so Geschäftsführer Dirk Wingenter.
Für die Apotheker, die Patienten via Bildschirm beraten, sei die Betreuung der Terminals bei nur vier Teilnehmern zu aufwendig. Den Patienten sei zudem nur schwer zu erklären, dass die Nutzung des Terminals nach 22 Uhr oder am Wochenende nicht möglich sei. „Letztendlich ist das Projekt am fehlenden politischen Willen gescheitert“, so Wingenter.
Schweitzer betont, dass Änderungen und Anpassungen des Apothekengesetzes und der Apothekenbetriebsordnung, die Visavia künftig auch außerhalb des Modellversuchs möglich machen würden, von der Landesregierung nicht beabsichtigt seien. Da das Modellprojekt nicht fortgeführt werde, könnten keine ausreichenden Erkenntnisse gewonnen werden, die die Grundlage für entsprechende Änderungen hätten bilden können.
Die Evaluation der Universitäten war ernüchternd gewesen. Sie hatte ergeben, dass die Terminals regional stark unterschiedlich genutzt wurden, besonders häufig in Regionen mit schlechter Verkehrsanbindung. Eindeutige Handlungsanweisungen ließen sich aus den Ergebnissen aber nicht ableiten.
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