Rezeptdaten

NARZ lieferte Personendaten für Studie

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Berlin -

Über die Verarbeitung von Rezeptdaten wird derzeit laut diskutiert. Hardliner unter den Datenschützern befürchten einen Missbrauch. Auf der anderen Seite zeigt eine jetzt publizierte wissenschaftliche Studie zu Langzeitverschreibungen bei Benzodiazepin-Patienten die Bedeutung für die Forschung. Für die Analyse wurden personenbezogene Rezeptdaten ausgewertet. Die Daten lieferte ausgerechnet das Norddeutsche Apothekenrechenzentrum (NARZ).

Forscher des Zentrums für Interdisziplinäre Suchtforschung der Universität Hamburg (ZIS) und des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf wollten problematische Benzodiazepin-Verordnungen systematisch erfassen. Hierzu wurden die Rezeptdaten des NARZ der Jahre 2005 bis 2007 personenbezogen ausgewertet.

Die Daten des Rechenzentrums können den Forschern um Dr. Uwe Verthein zufolge für gesundheits-epidemiologische Analysen als „umfassende und objektive Datengrundlage“ genutzt werden. Zur Methodik heißt es: „Basierend auf diesen Daten wurde vom NARZ eine anonymisierte Datenbank extrahiert, in der ein eindeutiger Patientencode, das Alter, der Wohnort und (indirekt) das Geschlecht der betreffenden Person enthalten sind.“

Auch über die Leistungserbringer wissen die Wissenschaftler Bescheid: „Darüber hinaus können der verordnende Arzt (inklusive Ort und Fachrichtung) und die einlösende Apotheke bestimmt werden.“ Auch Darreichungsform, Wirkstärke, Einzel- und Gesamtdosis der verschriebenen Medikamente wurden ausgewertet, nur die Diagnose fehlte den Forschern. „Mit dieser Methodik konnten in der genannten Zeitspanne mehrere Hundertmillionen Rezepte personenbezogen ausgewertet werden.“

Die Daten hatte das NARZ halbjährlich auf DVDs geliefert – natürlich verschlüsselt. Zur Anonymisierung wurde laut Studie ein 512-Bit-RSA-Schlüsselpaar erstellt. Der private Schlüssel wurde zerstört, der öffentliche in einer getrennten Datei gespeichert. „Das Verfahren wurde vom Bremer (federführend) und vom Hamburger Landesbeauftragten für Datenschutz als datenschutzgerecht bewertet“, heißt es in der Studie.

Die aktuelle Debatte um die Weitergabe von Rezeptdaten dreht sich genau um diese Form der Anonymisierung. Während der bayerische Datenschutz entsprechende Verfahren der Rechenzentren als sicher ansieht, reicht dies dem Datenschutzbeaufragten für Schleswig-Holstein, Dr. Thilo Weichert, nicht aus. Aus Sicht der Hardliner dürfen überhaupt keine Einzeldaten weitergegbeen werden, egal wie gut diese verschlüsselt sind.

Dieser Linie folgt seit einigen Jahren auch das NARZ: Das Rechenzentrum liefert nach eigenen Angaben und in Abstimmung mit der Bremer Datenschutzbehörde nur noch vollständig anonymisierte beziehungsweise aggregierte Rezeptdaten an Dritte.

Für die Studie in Hamburg hätten diese Informationen nicht ausgereicht. Im „Stichjahr“ wurden fast 300.000 Rezepte genau analysiert, die auf rund 78.500 Hamburger Patienten ausgestellt wurden. Das Ergebnis: Nur rund die Hälfte der Verordnungen waren leitliniengerecht, bei 15,6 Prozent der Patienten lag eine tendenzielle Dauerversorgung vor.

Insbesondere in der Ärzteschaft und unter Apothekern sei eine vermehrte Aufklärung über die Risiken einer Benzodiazepin-Dauermedikation wichtig, da oftmals einseitig auf eine Abhängigkeit fokussiert werde, statt auf frühere Nebenwirkungsphasen, heißt es in der Studie.

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