Redcare hadert mit E-Rezept Patrick Hollstein, 05.03.2024 07:43 Uhr
Obwohl die Versender seit Jahren auf das E-Rezept gewartet haben und es seit Januar scharf geschaltet ist, gibt Redcare keine Aussage zum bisherigen Erfolg und auch keine Prognose ab. Vielmehr wird insgesamt mit einem geringeren Wachstum beim Umsatz gerechnet – und im Rx-Bereich ist auch ein Worst-case-Szenario angedeutet.
Obwohl Redcare das vergangene Jahr mit einem Rekordumsatz abgeschlossen hat, stand unter dem Strich erneut ein dickes Minus: Nach Steuern erzielte der Mutterkonzern von Shop Apotheke einen Verlust von 11,6 Millionen Euro. Immerhin: Ein Jahr zuvor hatte der Verlust noch bei 77,6 Millionen Euro gelegen.
Im Mai hatte Redcare den schweizerischen Rx-Versender Mediservice übernommen; im Gegenzug erhielt der Mutterkonzern Galenica ein Aktienpaket an Redcare. Damit konnte seit Mai ein zusätzlicher Umsatz in Höhe von 307 Millionen Euro konsolidiert werden, der komplett auf den verschreibungspflichtigen Bereich entfiel.
Trendwende bei Rx?
Ingesamt konnte Redcare damit dem Umsatz um 49 Prozent auf 1,8 Milliarden Euro steigern – ohne den Zukauf hätte das Plus nur bei 25 Prozent gelegen. Der Rx-Umsatz ohne Mediservice hätte bei 150 Millionen Euro gelegen, was einem Anstieg um 15,7 Prozent entspricht. Trotz des geringen Volumens sieht man bei Redcare hier eine „Rückkehr auf den Wachstumspfad“, nachdem die Rx-Erlöse im Vorjahr abermals rückläufig gewesen waren.
Obwohl das E-Rezept seit Jahresbeginn flächendeckend eingeführt ist, traut sich Redcare keine Prognose zu. Vielmehr gibt es nur einige wenige allgemeine Aussagen: Mit der Einführung der Stecklösung der Gesundheitskarte (eGK) im Juli habe sich die Akzeptanz des E-Rezepts innerhalb der deutschen Ärzteschaft deutlich erhöht, so der Versender. Daten der Gematik zeigten, dass das E-Rezept mittlerweile von mehr als 75 Prozent aller Ärzt:innen genutzt werde. „Außerdem werden Schätzungen zufolge inzwischen rund 70 Prozent aller Rezepte für gesetzlich Versicherte elektronisch ausgestellt.“ Wie viele davon an Shop Apotheke gingen, dazu gibt es keine Angaben.
Was „Card Link“, das für die Versender entwickelte Verfahren mit Legitimation per Handy, so werde die Veröffentlichung der endgültigen Spezifikationen im ersten Quartal erwartet. „Damit kann Redcare Pharmacy die von ihr bereits entwickelte NFC-Lösung für die eGK – den eHealth-CardLink – an jene Spezifikationen anpassen und somit für den Einsatz freigeben lassen. Derzeit können Patient:innen elektronische Rezepte bei Redcare durch Scannen des QR-Codes auf dem gedruckten Rezept sowie über die Gematik-App einlösen.“
Prognose ohne E-Rezept
Auch in der Prognose taucht das E-Rezept nicht auf. Der Konzernumsatz soll um 30 bis 40 Prozent auf 2,3 bis 2,5 Milliarden Euro wachsen. Die Non-Rx-Erlöse sollen um 15 bis 25 Prozent steigen, also auf 1,5 bis 1,6 Milliarden Euro. Dann blieben für den Rx-Bereich zwischen 675 Millionen und 1 Milliarde Euro übrig. Alleine Mediservice kommt auf mehr als 500 Millionen Euro – hier rechnet das Management mit einem mittleren einstelligen Zuwachs, wobei die ersten fünf Monate in diesem Jahr zum ersten Mal bei Redcare bilanziert werden.
Anders ausgedrückt: Für das Rx-Geschäft in Deutschland bleiben je nach Entwicklung in der Prognose zwischen 175 und 375 Millionen Euro übrig – was einem Plus von 25 Millionen Euro im schlechtesten Fall bis 225 Millionen Euro im besten Fall entspricht.
Marktplatz ausgebaut
CEO Olaf Heinrich sprach von einer „herausragenden Performance“ im zurückliegenden Jahr. „Wir haben alle unsere ehrgeizigen Ziele und zudem erhebliche Fortschritte beim Ausbau unserer Plattform-Infrastruktur erreicht, insbesondere bei Now! und unserem Marktplatz. Gleichzeitig haben wir europaweit so viele Patient:innen und Kund:innen betreut wie nie zuvor. Als Zeichen unserer Wertschätzung für ihren Beitrag zu diesem Erfolg haben wir allen unseren Mitarbeitenden einen Jahresendbonus gezahlt; wir bedanken uns bei ihnen für ihren Einsatz.“
CFO Jasper Eenhorst ergänzt: „Es ist uns gelungen, unser Geschäftsmodell in vielen Bereichen zu verbessern. Durch die strategische Partnerschaft mit Galenica haben wir bei Mediservice unsere Online-Apothekenkompetenz mit der führenden Marktstellung im Bereich des spezialisierten Rx-Geschäfts in der Schweiz kombiniert, um damit unser zukünftiges Wachstums- und Ertragspotenzial zu stärken.“
Zum Jahresende hatte der Versender nach eigenen Angaben 10,8 Millionen aktive Kundinnen und Kunden, das sind 1,5 Millionen mehr als zu Jahresbeginn und 300.000 mehr als im Vorquartal.