Reckitt Benckiser

Haushaltsreiniger und Halstabletten

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Berlin -

Hinter mancher bekannten OTC-Marke steht ein Hersteller, dessen Produkte man eigentlich aus dem Supermarkt kennt. Neben Johnson & Johnson und Procter & Gamble hat sich der britische Konsumgüterkonzern Reckitt Benckiser (RB) in den Apotheken ein zweites Standbein aufgebaut. Mit einem eigenen Außendienst will der Konzern das Geschäft in Deutschland weiter vorantreiben.

RB entstand 1999 durch den Zusammenschluss des deutschen Calgon-Hersteller Benckiser und des britischen Mischkonzerns Reckitt & Colman. Die Wurzeln beider Unternehmen reichen weit ins 19. Jahrhundert zurück: Reckitt war ursprünglich ein Mühlenbetrieb in England, Benckiser startete als Chemiefabrik in Ludwigshafen.

Noch heute sind die Nachkommen des deutschen Firmengründers mit 11 Prozent der Anteile größter Aktionär bei RB: Die Familie Reimann aus Mannheim rangiert mit einem geschätzten Vermögen von elf Milliarden Euro Rang vier in einer Liste der Superreichen. Zu den Beteiligungen, die derzeit vom langjährigen RB-Chef Bart Becht verwaltet werden, gehören außerdem der Dufthersteller Coty, der Kaffeeröster Master Blenders (Senseo), der Markenhersteller Labelux und die Fastfoodkette Burger King.

1958 schloss sich Reckitt mit der schottischen Entwicklungsfirma McFarlin Smith zusammen, um gemeinsam OTC-Analgetika auf den Markt zu bringen. Doch stattdessen wurde 1965 zufällig Gaviscon entdeckt; noch heute hat der damalige Mutterkonzern GlaxoSmithKline in den USA die Vertriebsrechte für das Antacidum.

Die Zusammenarbeit brachte schließlich doch noch ein Schmerzmittel hervor, das heute allerdings nicht in der Sichtwahl, sondern im Safe gelagert wird: Seit 1978 hat RB mit Subutex, Suboxone, Temgesic ein verschreibungspflichtiges BtM-Präparat auf dem Markt. Derzeit arbeitet der Konzern an weiteren Rx-Medikamenten, beispielsweise einem Risperidon-Präparat.

Neuen Schwung brachte 1994 die Übernahme des Hamburger Herstellers Schülke & Mayr: Die Topmarke Sagrotan behielt der britische Konzern, als er das Unternehmen, zu dem heute das Konkurrenzprodukt Ocetinsept gehört, zwei Jahre später an Air Liquide weiterverkaufte.

Im Januar 2006 verdoppelte RB auf einen Streich seinen Umsatz mit Gesundheitsprodukten auf mehr als eine Milliarde Britische Pfund: Der Konzern übernahm für 1,9 Milliarden Pfund die OTC-Sparte der britischen Drogeriekette Boots mit Marken wie Nurofen, Strepsils und Clearasil. Der Verkauf war im Vorfeld der Fusion mit dem Pharmahändler Alliance UniChem wegen des Kräftegleichgewichts notwendig geworden.

Seitdem hat RB immer wieder zugekauft: 2008 ging 1,1 Milliarden Pfund Adams Respiratory an die Briten – samt der in den USA führenden Erkältungsmarke Mucinex. 2010 legte RB 2,5 Milliarden Pfund für den Hersteller SSL auf den Tisch, der 1999 aus den Unternehmen Seton Scholl (Scholl's) und London International Group (Durex) entstanden war. Für knapp 500 Millionen Pfund kaufte der Konzern im selben Jahr den indischen OTC-Hersteller Paras.

Mit einem Gebot von 1,4 Milliarden US-Dollar stach RB 2012 Bayer beim Nahrungsergänzungsmittelhersteller Schiff Nutrition aus. Rund 400 Millionen Dollar zahlte RB zuletzt für die exklusiven Vertriebsrechte an mehreren OTC-Marken von Bristol-Myers Squibb (BMS) in Lateinamerika.

Der nächste Megadeal könnte bald über die Bühne gehen: Nach einem Bericht des Wall Street Journal Deutschland (WSJ) sind Bayer und Reckitt Benckiser (RB) an der OTC-Sparte des US-Konzerns Merck interessiert. Die Angebote könnten demnach bei mehr als 10 Milliarden US-Dollar liegen, so das Blatt unter Berufung auf Insider. Zur Konsumgütersparte von Merck gehören Marken wie Claritin, Coppertone, Miralax und Oxytrol. Außerdem hat der Konzern in Nordamerika die Rechte für Scholl's.

RB erzielte im vergangenen Jahr einen Umsatz von rund 10 Milliarden Pfund; 1,7 Milliarden Pfund blieben unter dem Strich übrig. Auf Deutschland entfielen Erlöse von rund 450 Millionen Euro; wie im Gesamtkonzern entfielen davon 10 Prozent auf die Arzneimittel. Der Konzern beschäftigt in mehr als 60 Ländern 25.000 Mitarbeiter, Marken wie Ceraclen, Clearasil, Cillit, Finish (früher Calgonit), Kukident, Veet, Vanish, Woolite werden in 200 Ländern vertrieben.

In Deutschland hatte RB zuletzt den Namenszusatz „Strepsils“ bei den apothekenpflichtigen Dobendan-Produkten gestrichen und diese nach nur vier Jahren zurückbenannt in Dobendan Direkt und Dolo-Dobendan. Zuvor hatte der Konzern die Serie um neue Varianten erweitert. Weltweit ist „Strepsils“ das meist verkaufte Produkt gegen Halsschmerzen. Dobendan ist in seiner Indikation mit einem Anteil von rund einem Drittel Marktführer – vor Neo Angin von Klosterfrau.

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