Endlich wissen die Apotheken, wie sie die Corona-Impfstoffe mit dem Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS) abrechnen sollen – Das Problem mit der falschen Kostenträgerkennung ist behoben. Doch jetzt schlagen die Rechenzentren Alarm: Aus ihrer Sicht ist nicht geklärt, wie die Großhandelsvergütung umsatzsteuerlich zu behandeln ist.
Die Großhändler erhalten für die Logistik pro kühlpflichtiger Durchstechflasche 9,65 Euro netto und für jede ultra- oder tiefkühlpflichtige Durchstechflasche 11,55 Euro netto. Ab dem 10. Mai sinkt die Vergütung auf 6,55 Euro netto für alle Impfstoffe. Für das Impfbesteck gibt es jeweils 1,65 Euro netto pro Durchstechflasche. Die Apotheken rechnen mit dem BAS auch die Vergütung für die Großhändler ab und leiten sie an diese weiter.
Die Rechenzentren wissen allerdings noch immer nicht, ob es sich dabei um einen durchlaufenden Posten oder um Entgelt im umsatzsteuerlichen Sinne handelt. Das ist für die Abwicklung aber eine entscheidende Frage, immerhin gehen rund zwei Drittel der Abrechnungsgebühr an den Großhandel. In der Praxis ist die Verwirrung offenbar groß: Vereinzelt würden Großhändler sogar fälschlicherweise Waren in Rechnung stellen statt der Dienstleistungsgebühr, heißt es.
Durchlaufenden Posten sind Beträge, die jemand im Namen und für Rechnung eines anderen vereinnahmt und verausgabt. Sie unterliegen nicht der Umsatzsteuer. Die Apotheke müsste in diesem Fall nur für ihre eigene Vergütung von 6,58 Euro pro Vial Umsatzsteuer an die Finanzbehörden abführen und dürfte diese auch nur ausweisen. Die Großhandelsvergütung wäre als durchlaufender Posten gesondert in der Abrechnung auszuweisen. Die Großhändler dürften in diesem Fall auch keine Rechnung im umsatzsteuerlichen Sinne an die Apotheke schreiben, da nicht die Apotheke, sondern das BAS der Leistungsempfänger ist.
Handelt es sich dagegen um ein Entgelt, das den Wert der Gegenleistung bildet, fällt Umsatzsteuer an. Die Apotheke müsste dann für die Gesamtvergütung Umsatzsteuer an die Finanzbehörden abführen und auch in der Abrechnung entsprechend ausweisen. Sie ist dann Leistungsempfänger und hat einen Vorsteuerabzug aus der Rechnung des Großhändlers.
Für die korrekte Abrechnung ist das entscheidend. Im schlimmsten Fall drohten den Apotheken und dem Großhandel umsatzsteuerliche Nachzahlungen, warnen die Rechenzentren. Ungeklärt ist aus ihrer Sicht auch die schuldrechtliche Frage, bei wem der Großhandel seine Vergütung einfordern kann, wenn die Apotheke nicht zahlt.
Die Abda klärt auf Nachfrage nicht auf, wie das Großhandelshonorar zu behandeln ist, sondern verweist nur auf den eigenen Leitfaden zur Abrechnung der Impfstoffe. Hier heißt es allerdings lediglich: „Vergütungen, die für den Großhandel bestimmt sind, sind von der Apotheke an den Großhandel weiterzuleiten.“ Der Leitfaden werde „bei Bedarf und sofern möglich“ aktualisiert, so ein Abda-Sprecher. Die Apotheker:innen könnten sich zudem jederzeit bei ihrem Landesapothekerverband informieren. Weitere Auskünfte zum Sachverhalt gibt es auf Nachfrage nicht.
Steuerberater Stefan Kurth von der Kanzlei Schneider + Partner geht nach einer kurzen Prüfung davon aus, dass die Apotheke „für“ den Großhandel abrechnet. Dessen Leistung werde an den Bund erbracht, nicht an die Apotheke. Diese stehe lediglich in der „weiterleitenden Kette“ mit den Rechenzentren. Kurth: „Das Ganze ist aus meiner Sicht weiterhin die Abrechnung eines eigenen Leistungsanspruches des Großhandels mit dem BAS, der nur namens und im Auftrag des Großhandels durch die Apotheke vereinnahmt wird.“ Hintergrund dürfte Kurth zufolge sein, dass das BAS keine Einzelzahlungen vornehmen muss und zudem mengenmäßig eine Kontrolle der abgegebenen Vials des Großhandels besteht.
Somit läge tatsächlich nur ein durchlaufender Posten bei der Apotheke vor, was laut Kurth problematisch wäre. Die Rechenzentren würden nur für die Apothekendienstleistung Rechnung legen, die Großhändler müssten direkt mit dem BAS abrechnen oder die Rechenzentren damit beauftragen. „Letzteres erscheint mir kaum durchführbar, weil dem Rechenzentrum die Information fehlt, welcher Großhandel an welche Apotheke welche Anzahl von welchen Vials geliefert hat“, schildert Kurth das Problem.
Die Großhändler müssten dann ihrerseits hoffen, dass die erfolgte Rechnungslegung an das BAS mit Abrechnungen mit den Apotheken aufgeht: „Die Großhändler müssen nämlich keine Rechnung an die Apotheken legen, aber im Ergebnis eine Abrechnung als Forderungsgrundlage an die Apotheken übersenden. Diese Abrechnung umfasst den Brutto-Betrag, weist aber keine Umsatzsteuer aus“, so Kurth.
Die Rechenzentren wünschen sich von der Abda eine möglichst zeitnahe Klärung der Fragen, damit die Abrechnung notfalls angepasst werden kann. Überhaupt ist aus ihrer Sicht unverständlich, warum die Kosten für die Abrechnung – anders als bei den Ärzten – nicht vom Bund erstattet werden. Sollte zudem die Rechnungslegung zwischen Großhandel und Apotheke falsch sein, drohten in den Folgejahren möglicherweise Nachzahlungen im Rahmen von Betriebsprüfungen der Finanzbehörden.
Für die Impfstoffe gelten folgende Bund-Pharmazentralnummern:
Im Feld „Taxe“ müssen bis zum 9. Mai folgende Faktoren eingetragen werden:
Ab dem 10. Mai gilt dann die einheitliche Ziffernfolge 1759 x Faktor.
Pro Rezept dürfen maximal drei Bund-PZN aufgedruckt werden. Sollte der Arzt alle vier Impfstoffe bestellen, so müssen zwei Rezepte ausgestellt werden. Für die Bestellung von Impfstoffen zur Zweitimpfung soll bald eine neue Bund-PZN zur Verfügung gestellt werden.
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