Real-Insolvenz: Apotheken bald allein im Center? Laura Schulz, 23.11.2023 10:23 Uhr
„Niemand drin, alles hin“, so titelt die Frankfurter Rundschau passenderweise zur Situation bei Real, analog zum früheren Slogan „Einmal hin, alles drin“. Die SCP-Gruppe hatte die Supermarktkette 2020 von Metro übernommen – und seitdem zahlreiche Standorte geschlossen. Für die verbliebenen Filialen schien es zuletzt eine Zukunft zu geben, doch 45 der noch übrigen 63 Märkte sollen nun doch zum 31. März 2024 schließen – mit Folgen für die Apotheken, die mit in den Centern sitzen.
Nur 18 Märkte werden an die Konkurrenten Rewe (14), Kaufland (3) und Edeka (1) verteilt, sofern das Bundeskartellamt und die jeweiligen Vermieter nichts dagegen haben. Für die restlichen 45 Standorte konnte kein Interessent gefunden werden, sie sollen nun schließen. Hintergrund: Die Real GmbH musste im September das Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung anmelden, die Märkte sollen Ende März geschlossen werden. „Trotz intensiver Bemühungen ist die Schließung von Märkten angesichts der schwierigen Lage der real GmbH jedoch unvermeidlich“, so Bojan Luncer, Vorsitzender der Geschäftsführung.
Insgesamt 3500 Real-Mitarbeiter:innen stehen nun vor der Aufgabe, einen neuen Arbeitgeber zu finden. Doch auch für Inhaberinnen und Inhaber der Apotheken in den Märkten und ihre Angestellten kam das Aus teilweise sehr überraschend. Die Lage ist von Standort zu Standort verschieden und stark abhängig von unterschiedlichen Faktoren.
„Wir bleiben hier.“
So schildert zum Beispiel Dr. Annette Engelhardt von der Apotheke im Beetzsee Center in Brandenburg an der Havel, dass sie trotz der Real-Schließung am Standort bleiben wird. „Wir hoffen, dass es sich trotzdem lohnt“, so Engelhardt. Grund dafür sind die besonderen Strukturen vor Ort.
Das Center liegt am absoluten Stadtrand, von dort aus aufs Land kommt lange keine Apotheke. Drei Kolleg:innen haben dort in den vergangenen Jahren dicht machen müssen. Für viele Kund:innen im Umkreis ist die Center-Apotheke damit die nächstgelegene Apotheke mit vielen Parkplätzen vor der Tür.
Und auch die Tatsache, dass die Apotheke ungewöhnlich viele Stammkunden hat, stimmt die Inhaberin optimistisch. Sie betreibt in einem nahegelegenen Dorf noch eine Rezeptsammelstelle, die Center-Apotheke ist ihre einzige Apotheke. Den Mietvertrag mit dem Center-Betreiber, nicht mit Real, habe sie gerade erst für vier Jahre verlängert. Und schließlich sei nicht auszuschließen, dass sich doch noch ein neuer Mieter für die Real-Fläche findet.
Real-Pleite im falschen Moment
Etwas anders verhält es sich bei der Apotheke im Real in Pritzwalk. Hier hofft Inhaber Christoph Sommerfeld sehr, dass sich doch noch ein Nachmieter findet, möglich wäre aufgrund der sonstigen Strukturen eigentlich nur Kaufland. Er habe durch Real vorerst eine Kündigung zum 31. März bekommen, könnte sich aber vorstellen, über das Center den Mietvertrag für ein Jahr testweise zu verlängern.
Da er dachte, mit „Mein Real“ eine Perspektive für seinen Standort zu haben, trifft es Sommerfeld gerade doppelt hart. Er betreibt noch zwei weitere Apotheken im nahgelegenen Neuruppin und hat kürzlich erst seine Fontane-Apotheke dort verkauft. Wenn er plötzlich in kommenden Jahr nur noch mit einer statt mit drei Apotheken dasteht, wird es finanziell durchaus schwierig. „Aber wir nehmen die Herausforderung an. Was sollen wir auch anderes machen?“
Ein anderer Real-Apotheker wurde ebenfalls von der Pleite überrascht und will sich jetzt mit den anderen Geschäften im Center zusammen tun, um eine gemeinsame Lösung zu finden.
An der baden-württembergischen Grenze zu Frankreich hofft die „Neue Apotheke real.Bühl“, dass doch noch ein Supermarkt-Riese einzieht. Sonst wird es schwer. „Wir werden dann dicht machen müssen“, ist hier die Befürchtung. Und statt Kaufland & Co. sind hier dem Vernehmen nach Amazon und Zalando im Gespräch für die Flächen, um dort ein Versandlager zu eröffnen. Im Verbund würden alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter irgendwie unterkommen, aber schade um die Apotheke wäre es allemal.
Eine Apotheke weniger für Niedersachsen
Schwer getroffen von der Real-Schließung ist die Engel-Apotheke zwischen Cuxhaven und Bremerhaven. Inhaberin Simone Gievert wird ihre Apotheke in jedem Fall schließen, die Räume sind gekündigt. Es ist ihre einzige Apotheke. „Ich höre auf“, sagt sie schweren Herzens. Sie hätte gerne weitergemacht, jetzt muss sie schauen, wo sie eine Stelle findet.
SCP hatte die Real GmbH mit den damals 275 stationären Märkte 2020 von der Metro AG übernommen. Von 2020 bis Juni 2022 wurden bereits 160 Standorte an neue Betreiber übergeben. Alle im Rahmen des Insolvenzrechts bestehenden Verpflichtungen gegenüber den Mitarbeiter:innen, Kund:innen und Lieferanten will Real erfüllen und die Geschäfte bis auf Weiteres fortführen, heißt es in einer offiziellen Mitteilung. Dies gelte insbesondere für die Zahlung der Löhne und Gehälter der über 5000 Beschäftigten in den Märkten und der Zentrale.