Ibuprofen-Saft

Ratiopharm streicht Überweiser Alexander Müller, 28.11.2017 15:32 Uhr

Berlin - 

Auch wenn die Großhändler es nicht gerne sehen: Viele Apotheken bestellen bestimmte Artikel zu günstigeren Konditionen direkt beim Hersteller. Bei den sogenannten Überweisern wird die Ware trotzdem über den Großhandel ausgeliefert, der so immerhin ein bisschen daran verdient. Doch Ratiopharm dreht diesen Hahn bei einzelnen Produkten jetzt zu – wegen der Rabattverträge.

Eine Apotheke hatte wie gewohnt den Ibuprofen-Fiebersaft bei Ratiopharm bestellt. Doch der Hersteller antwortete, dass man derzeit bei dem Produkt für Kinder à 20 mg/ml sowie bei der Variante mit 40 mg/ml nicht voll lieferfähig sei. Die Apotheke möge bitte über den Großhandel bestellen, dieser sei ausreichend beliefert worden.

Der Einkäufer der Apotheke äußerte sein Unverständnis über diese Mitteilung. Schließlich bekomme er die Ware doch so oder so vom Großhandel geliefert. Er fühle sich vom Hersteller „veräppelt“.

Ratiopharm erklärte sich mit einem Rabattvertrag. Man könne den Fiebersäfte derzeit nicht als Überweiser anbieten, um lieferfähig zu bleiben. Die Kunden könnten die Ibu Ratiopharm Fiebersäfte in bedarfsgerechten Mengen direkt beim Großhandel bestellen. Nur nur so könne der Hersteller eine langfristige Lieferfähigkeit sicherstellen. Ein Sprecher des Herstellers bestätigte gegenüber APOTHEKE ADHOC, dass man diese Maßnahem ergriffen habe, „um eine bedarfsgerechte Versorgung der Patienten flächendeckend sicherzustellen“.

In der Tat hat Ratiopharm im großen Stil Rabattverträge über den Fiebersaft geschlossen. Der Hersteller ist unter anderem Partner bei allen AOK, der Barmer und der DAK. Und den Pharmaunternehmen drohen Regresse, wenn sie die vereinbarte Menge nicht liefern können.

Der Einkäufer der Apotheke lässt die Argumente des Herstellers nicht gelten: „Wenn sich Ihre Firma beim Bieten für den Rabattvertrag so verkalkuliert hat, dass Sie die vereinbarten Konditionen nicht mehr bedienen können, dann ist das nicht mein Problem“, schrieb er an Ratiopharm. Es sei der gleiche Lieferweg, egal ob er die Ware über MSV3 bei Ratiopharm direkt oder beim Großhandel bestelle. „Einziger Unterschied – ich werde schlechter gestellt.“ Die Geschichte mit dem Lieferrückstand halte er für ein Märchen.

In der Apotheke geht man davon aus, dass Ratiopharm die Rabattverträge nur erfüllen kann, wenn man den Rabatt an die Kunden spart. Ware sei nämlich ausreichend beim Großhandel vorhanden. „In der Praxis bedeutet das, dass ich zwar 40 Packungen beim Großhandel bestellen kann und auch beliefert werde. Will ich die gleichen 40 Packungen über Ratiopharm mit zusätzlichen 20 bis 25 Prozent Rabatt bestellen, werden sie nicht geliefert, obwohl derselbe Großhandel ja die Auslieferung übernimmt“, so der Chefeinkäufer gegenüber APOTHEKE ADHOC.

Ratiopharm reiche die Überweiser-Bestellungen aber einfach nicht zur Auslieferung weiter. Stattdessen werde die Order vom Hersteller einfach storniert. „Aus unserer Sicht ganz offensichtlich um Rabatt, der vereinbart wurde, zu sparen.“ Seit vergangener Woche beginne beim OTC-Schnelldreher Ibu-Lysin dasselbe Szenario.

Dem Ratiopharm-Sprecher zufolge gibt es dagegen in der Tat aktuell eine Rohstoffverknappung bei Ibuprofen. „Daher müssen wir vermeiden, dass die Arzneimittel in großen Mengen an einzelne Marktteilnehmer oder in den Graumarkt abfließen.“