Der Großhändler AEP sticht im Markt seit jeher mit seiner Einheitskondition heraus. Doch das Modell hat eine Achillesferse: Um dem Handelsspannenausgleich bei anderen Großhändlern zu umgehen, bestellen immer wieder Apotheken ihre Hochpreiser gezielt über AEP. Weil das die Marge des Großhändlers aus Alzenau verdirbt, wird die Gegenmaßnahme jetzt konsequent durchgesetzt.
Hochpreisige Arzneimittel sind für die Großhändler unattraktiv, weil ihr eigenes Honorar gedeckelt ist. Beim Handelsspannenausgleich legt der Großhandel deshalb eine Marge fest, die er pro Packung verdienen möchte – eine Art Gewinngarantie. Diese Marge erreicht der Großhändler bei einem bestimmten Packungswert. Liegt die Apotheke beim Einkauf im Mittel über diesem Durchschnittspreis, werden die gewährten Rabatte entsprechend gekürzt.
Um diesem Schicksal zu entgehen, nutzen Apotheken AEP zuweilen als Zweitlieferanten. Denn der Großhändler mit dem Zentrallager bietet allen Apotheken eine einheitliche Kondition: 3 Prozent Rabatt (2 Prozent für Rx-Produkte über 70 Euro) und 2,5 Prozent Skonto. Doch natürlich lebt auch AEP von einer Mischkalkulation. Deswegen wurden schon in der Vergangenheit immer wieder Apotheken angeschrieben, die das Modell gezielt ausnutzen wollten.
Das wird jetzt laut AEP-Geschäftsführer Jens Graefe systematischer umgesetzt: Wer einen zu hohen Durchschnittswert bei den Packungspreisen hat, bekommt automatisch die nächste Rechnung gekürzt. „Sollte Ende dieses Monats der Durchschnittspreis Rx (ohne Hochpreiser) über 30 Euro liegen, berechnen wir Ihnen zukünftig, im Interesse aller Kunden, für den laufenden Monat einen ‚Servicebeitrag‘ von 0,75 Prozent auf den Rx-Umsatz (ohne Hochpreiser)“, heißt es in einem Schreiben an Apotheken. Liegt der Durchschnittspreis über 40 Euro, steigt der „Servicebeitrag“ auf 1,5 Prozent.
Ein betroffener Apotheker protestiert: „Das bedeutet nichts anderes als: AEP führt nun ebenfalls einen Handelsspannenausgleich ein. Hiermit entfällt für mich ein wichtiges Argument, das bislang für AEP gesprochen hat. Zudem tritt diese Malus-Regelung ohne Übergangsfrist mit sofortiger Wirkung in Kraft.“ Angesichts der Begrenzung auf eine Belieferung am Tag würde er bei einer gekürzten Kondition insgesamt kein Vorteil mehr gegenüber anderen Großhändlern sehen.
„Wir haben keinen Handelsspannenausgleich und wir werden auch keinen einführen“, betont AEP-Chef Graefe. Denn dieses Instrument habe er schon immer für intransparent und unfair empfunden, zumal die Grenze regelmäßig bei einem Bestellwert von etwa 21 Euro im Durchschnitt gezogen werde. Dagegen sei die eigene Schwelle von 30 Euro leicht zu unterbieten: Bei einem „normalen Bestellverhalten“ komme eine Apotheke auf einen Wert von 28 Euro, führt Graefe aus. Natürlich gebe es immer Ausnahmen – etwa auf HIV-Patienten spezialisierte Apotheken –, aber das ließe sich dann im Einzelfall besprechen.
Die angedrohte Rabattkürzung ist dem AEP-Chef zufolge nur eine Absicherung gegenüber der gezielten Bestellung von Hochpreisern. Denn bei AEP ist man überzeugt, dass die Wettbewerber ihre Kunden sogar zu dieser Praxis ermutigen. „Da sind wir verwundbar bei dem Thema, deswegen konnten wir nicht tatenlos zusehen“, so Graefe.
AEP will aber grundsätzlich an der Strategie festhalten, das „Korrektiv im Markt“ zu sein, heißt es in einem Schreiben an Apotheken. Die bisherigen Konditionen ließen sich allerdings nur halten, „wenn auch der Bestellmix unserer Kunden breit und nicht zu hochpreisig ist“. Denn die Marge der Großhändler hänge bekanntermaßen vom Durchschnittspreis der Rx-Produkte ab. Die Wettbewerber hätten deshalb durchweg einen „Handelsspannenausgleich“ eingeführt. Diese Maßnahme lehnt AEP laut Schreiben eigentlich ab, „weil wir meinen, dass es keinen gesetzlichen Anspruch auf eine bestimmte Marge gibt“. „Dennoch können auch wir diese Größe nicht vollständig ignorieren, wenn wir unsere Top-Konditionen halten wollen“, schreibt AEP.
Die Apotheker werden in dem Schreiben dann jeweils mit ihrem eigenen Durchschnittspreis des vergangenen Monats konfrontiert. Diesen sollten die Kunden bei den nächsten Bestellungen im Blickbehalten und möglichst unter 30 Euro senken. „Ein niedriger Durchschnittspreis ist einfach zu erreichen, indem Sie breit und nicht nach Preisen sortiert bestellen“, so der Tipp aus Alzenau.
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