Dermasence-Chef Philipp Beckmann im Interview

„Rabatte sind falsche Verkaufsauslöser“

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Berlin -

Seit knapp einem Jahr führt Philipp Beckmann Medicos Kosmetik in Münster. Im Interview mit APOTHEKE ADHOC erklärt er, wie wichtig die eigene Forschung für den Hersteller der apothekenexlusiven Marke Dermasence ist, warum Rabattaktionen der falsche Weg sind und welche Chancen man als Mittelständler im Markt hat.

ADHOC: Warum ist die Forschung im Bereich „Green Science“ für Sie so wichtig?
BECKMANN: Die eigene Forschung gehört zur Identität und dem Ursprung des Unternehmens. Unsere Strategie ist, nicht über Preisnachlässe zu kommen, sondern die Qualität in den Vordergrund zu stellen. Da ist Forschung unabdingbar. Im Bereich Green Science, der in unserem Medicos Science Center in Bernburg angesiedelt ist, sind wir noch ganz am Anfang. Die Möglichkeiten der pharmakologischen Pflanzenwelt sind ein spannendes Thema. Es ist altes Heilpflanzenwissen, das wir aufleben lassen.

ADHOC: Kann man sich das als Mittelständler leisten?
BECKMANN: Wir sind kein großer Konzern und haben dementsprechend keine Riesengelder, die wir einfließen lassen können. Aber es gibt Förderprogramme und wir arbeiten mit Lehranstalten und Universitätskliniken zusammen. Von Firmenbeginn an sind wir mit Dermatologinnen und Dermatologen sowie der Forschung eng vernetzt. Seit etwa fünf Jahren wird der Bereich Green Science intensiviert, auch wegen der wachsenden Unternehmensgröße wurde der Begriff in die Markenstrategie eingeführt. Aktuell arbeiten dort zehn Angestellte.

Wir haben von Beginn an platziert, dass Apotheken bei uns auf Granit beißen, wenn sie an der Preisschraube drehen wollen.

ADHOC: Was sind die jüngsten Erfolge?
BECKMANN: Im Bereich Psoriasis haben wir einen neuen Ansatz entdeckt. Extrakte aus der alten Kultur- und Heilpflanze Färberwaid beinhalten einzigartige Wirkungen. Mit einem hohen Anteil an Indirubin reduziert Färberwaid das Keratinozytenwachstum. Haut, die zu erhöhter Plaque- und Schuppenbildung neigt, profitiert von den anti-proliferativen Eigenschaften. Es gibt tonnenweise Wissen über alte Heilpflanzen. Wenn wir unsere Markenstrategie so fahren, wie wir es tun, müssen wir Qualität bieten. Wir sind mit unseren Produkten nicht im Luxussegment und doch muss der Preis gerechtfertigt sein. Das verstehen die Kundinnen und Kunden und auch die Apotheken, da wir von Beginn an platziert haben, dass sie bei uns auf Granit beißen, wenn sie an der Preisschraube drehen wollen.

ADHOC: Der Kosmetikmarkt in der Apotheke ist umkämpft, kommen sie damit bei Inhaberinnen und Inhabern an?
BECKMANN: Mit unserem Mantra „Wirksamkeit und Verträglichkeit“ müssen wir uns nicht verstecken. Bei medizinischer Hautpflege ist absolut Platz vorhanden. Der Markt wächst, auch wenn es sich etwas abkühlt. Es ist ein Verdrängungsmarkt und wir sind sehr glücklich in der Top-5 und mit großen Konzernen auf Augenhöhe zu sein. Bei Psoriasis sprechen wir beispielsweise eine spitze Zielgruppe an, die medizinische Hautpflege benötigt. Klar bewegen wir uns im Nebensortiment und Lage und Relevanz der Kategorie machen viel aus. Aber die Apotheke hat einen Versorgungsauftrag, der auch über den Rx-Bereich hinausgeht. Wir bewegen uns bewusst im Bereich der medizinischen Hautpflege und bedienen Missbefindlichkeiten der Haut. Auch das "Haifischbecken" Anti-Aging bedienen wir mit 2 Sortimentsreihen, fokussieren uns dabei allerdings auf die medizinischen Hintergründe des Älterwerdens.

Wir schreiben uns Kanaltreue nicht nur auf die Fahne, sondern leben es.

ADHOC: Was können die Apotheken von Dermasence erwarten?
BECKMANN: Sie bekommen zufriedene Patientinnen und Patienten. Wir schreiben uns Kanaltreue nicht nur auf die Fahne, sondern leben es. Wir investieren viel in Werbung, die die Kundschaft in die Vor-Ort-Apotheke führt. Für die Angestellten bieten wir verschiedene Wissenskonzepte an. Wichtig ist uns auch, dass für uns Rabatte für die Kundschaft die falschen Verkaufsauslöser sind, sondern eben das Verlangen nach dem Gesundwerden.

ADHOC: Was erhoffen Sie sich von der neuen Regierung?
BECKMANN: Bürokratieabbau und mehr Unterstützung im Bereich Forschung & Entwicklung. Die Wirtschaft muss angekurbelt werden. Wegen des demographischen Wandels kommt einiges auf Apotheken und Arztpraxen zu. Es sind viele Dinge überfällig, um das System zu stabilisieren und den Fortbestand zu sichern.

ADHOC: Neue Marktplayer wie dm oder Telemedizinanbieter bringen sich hier ins Spiel. Wie bewerten Sie diese Entwicklung
BECKMANN: Wir haben eine wachsende Zielgruppe an Kundschaft, die auf eine schrumpfende Gruppe an Personal in Apotheken und Arztpraxen trifft. Wenn die Versorgung also schwierig wird, können digitale Technologien helfen. Tele-Dermatologie ist bereits auf dem Markt und wird zwangsläufig eine größere Rolle bekommen und ist als Vorfilter-Möglichkeit sinnvoll. Auch Diagnostik über Künstliche Intelligenz (KI) ist im Kommen, aber da braucht es eine Gesetzgebung, um dem ganzen geregelte Bahnen zu geben.

dm bewerte ich als weiteren Versuch einer digitalen Plattform. Ich denke aber, dass diese Kanäle niemals die persönliche Beratung vor Ort ersetzen werden können. Der Mensch möchte, wenn er nicht gesund ist, beraten werden, das haben wir in der Pandemie gelernt.

Wir sind unter den Top-5, das ist absolut super und ich kann es selbst kaum glauben.

ADHOC: Wie ist ihre Bilanz als Geschäftsführer nach knapp einem Jahr an der Spitze von Medicos Kosmetik?
BECKMANN: Ich bin gut angekommen und wir hatten gerade die dritte Vertriebskonferenz unter der neuen Geschäftsführung. Im Unternehmen passiert eine Professionalisierung und wir erleben einen Generationenwechsel. Dadurch ist bei Themen wie Digitalisierung oder KI ein ganz anderes Verständnis vorhanden. Wir sind unter den Top-5, das ist absolut super und ich kann es selbst kaum glauben.

Die Marke Dermasence geht auf fünf Dermatologen und eine Apothekerin zurück. Sie wollten Rezepturen für Hautpflegeprodukte entwickeln. Heute gibt es rund 60 verschiedene Produkte. Das Unternehmen wurde 1991 gegründet und beschäftigt rund 200 Mitarbeitende. Hergestellt werden die Produkte in Deutschland. Neben Deutschland ist die Marke auch in Österreich, Italien und den Niederlanden erhältlich.

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