Apotheker entwickelt Vorbestell-Tool

PX Reach: Werbebudgets in Umsatz verwandeln

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Berlin -

Eigene Online-Shops, eigenes Multichannel-Marketing, eigene Vorbestellkanäle: Vor-Ort-Apotheken legen sich mächtig ins Zeug, um mit der digitalen Konkurrenz mitzuhalten, ziehen dabei aber in der Regel den Kürzeren im Vergleich zu Schwergewichten wie DocMorris. Der Bayer-Außendienst stellt in Apotheken ab sofort ein Programm vor, das die bisherigen Ausgaben überflüssig machen soll: Mit PX Reach hat sich Apotheker Lars Peter Wall vorgenommen, die Marketingbudgets der Hersteller direkt in den Umsatz der Offizin umzuleiten – für die Apotheke kostenlos. „Wir machen aus dem Lippenbekenntnis der Hersteller, sich für die Vor-Ort-Apotheken einzusetzen, eine echte Aktion“, sagt er. Mit Bayer wurde schon ein Schwergewicht als Partner gewonnen.

Die Idee sei ihm bei einem Kundentermin gekommen, erzählt Wall: Ein Hersteller hatte ihn und seinen Geschäftspartner Kai-Patrik Reimers geladen, weil die beiden eine Facebook-Kampagne für ihn konzipieren sollten. Als Hauptproblem habe sich dabei die Conversion Page herausgestellt, also die Seite, auf der der Schritt vom Empfang der Marketing-Botschaft zur konkreten Aktion – in dem Fall Vorbestellung eines Arzneimittels – getätigt wird. Wall machte sie als den neuralgischen Punkt aus und entschloss, sie zum Produkt zu entwickeln.

Die Grundidee ist einfach: Conversion durch Convenience. Der Verbraucher sieht eine OTC-Werbung und klickt sie an. Auf der zugehörigen Infoseite befindet sich eine Schaltfläche mit der Aufforderung „Jetzt vorbestellen“ – die leitet aber nicht in einen Online-Shop, sondern zu den Apotheken vor Ort. In einer Liste kann sich der Kunde aussuchen, in welcher Apotheke er das Produkt abholen will – oder welche es ihm per Botendienst liefern soll. Ob die Apotheke diesen Service anbietet, zeigt ein kleines Symbolfeld neben dem Namen an. Dazu muss der Kunde sich nicht registrieren, er gibt nur Name, E-Mail und Telefonnummer an. Die Apotheke erhält die Bestellung per Fax oder E-Mail und hat die Möglichkeit, sich bei Nachfragen direkt beim Kunden zu melden. Umgekehrt gilt das auch und wer schon einmal versucht hat, die Kundenhotline von Versenden zu erreichen, weiß sehr gut, dass die Vor-Ort-Apotheke das als Wettbewerbsvorteil ausspielen kann.

Die Apotheke muss sich auf der Homepage von PX Reach registrieren und kann sich dann teilnehmende Hersteller aussuchen, an deren Programmen sie teilnehmen möchte. „Uns ist es wichtig, dass wir den Apotheken absolute Freiheit bewahren“, sagt Wall. „Sie können sich aussuchen, bei welchen Herstellern sie teilnehmen wollen, haben keine feste Bindung und verkaufen sich nicht an irgendwelche Plattformen.“ Die Hersteller wiederum zahlen für die Teilnahme – Wall verspricht ihnen einen entsprechenden Anstieg ihrer Konversationsrate im Marketing. „Die Hersteller committen sich so für die Apotheken vor Ort. Auf diese Weise wird kostenfreier, schon vorhandener Traffic genutzt, um den Kauf in der Offizin anzubahnen“, so Wall. „Das entspricht einer Dauerkampagne ohne zusätzliche Kosten.

Der Apothekenfinder sei diskriminierungsfrei, verspricht Wall. Verbindliche Artikel-Reservierungen sollen über alle Marketingkanäle möglich sein. Bisher, so Walls Analyse, fehle es nämlich im Moment noch genau daran: Der nachgelagerte Kauf vor Ort zu den individuellen Preisen des Anbieters sei so gut wie überhaupt nicht an das herstellerseitige Marketing angebunden – egal ob es sich dabei um Werbe- und Digitalmarketingmaßnahmen handelt, um Produktseiten der Hersteller oder etwa Print- und TV-Werbung. Selbst in letztere könne die Apotheke vor Ort mittels Shortlinks zum Apothekenfinder in den Einblendungen eingebunden werden, versichert der Inhaber dreier Apotheken in Neumünster: In einer Fernsehwerbung könnte dann beispielsweise ein einfach anzusteuernder Link à la „px-reach.de/Produktname“ angezeigt werden.

Die Pharmaunternehmen können wiederum die teilnehmenden Apotheken in frei definierbaren Gruppen zusammenfassen und Marketing-Aktionen entsprechend ausspielen, beispielsweise lokal oder nur mit Apotheken, die einen entsprechenden Schwerpunkt haben. Um zusätzliche Konversionsanreize zu schaffen, bietet PX Reach optional digitale Couponing- und Gratisartikel-Aktionen. Ob und wie erfolgreich diese Aktionen sind, soll über ein integriertes Trackingtool nachvollziehbar sein.

Dass sich die Apotheken bei Walls Konzept nicht an die gängigen Plattformen anbinden müssen, heißt nicht, dass er sich damit gegen sie stellen würde. Ganz im Gegenteil: Warenkörbe sollen leicht in die Plattformen exportierbar sein. „Wir stehen in keiner Konkurrenz zu den Plattformen“, versichert Wall. Zumindest unter den Herstellern haben Wall und Reimers schon einen der größten Fische an Land gezogen: Bayer ist bereits als erster Kunde bestätigt und wird einige prominente OTC-Produkte künftig mit PX Reach bewerben. Da mit mehr teilnehmenden Apotheken potenziell auch der Absatz steigt, haben die Leverkusener Wall und Reimers zugesagt, dass ihr Außendienst ihre Entwicklung in den Offizinen bekannt macht.

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