OTC-Hersteller

P&G kauft Merck-OTC dpa/ APOTHEKE ADHOC, 19.04.2018 08:18 Uhr aktualisiert am 19.04.2018 11:16 Uhr

Berlin - 

Kurz vor den Feiern zum 350-jährigen Unternehmensjubiläum kann der Pharmakonzern Merck einen wichtigen Erfolg verbuchen. Das Darmstädter Unternehmen veräußert seine Sparte mit rezeptfreien Arzneien wie Nasensprays und Multivitaminpräparaten an den US-Konsumgüterriesen Procter & Gamble (P&G). Sowohl P&G als auch die Darmstädter haben eine entsprechende Vereinbarung unterzeichnet und dies am Morgen mitgeteilt. Betroffen von dem Verkauf sind 3300 Mitarbeiter weltweit, davon rund 300 in Deutschland.

Indes muss Merck beim Verkaufspreis Abstriche machen: Er liegt bei 3,4 Milliarden Euro. Analysten hatten den Wert der stark wachsenden Sparte zuvor auf rund 4 Milliarden Euro geschätzt.

Das Geld, das in bar an den Pharmakonzern fließt, solle vor allem in den Abbau von Schulden fließen, erklärte Merck. Diese waren mit der Übernahme des US-Laborhändlers Sigma-Aldrich 2015 für gut 13 Milliarden Dollar stark gestiegen. Zugleich gebe es nun mehr Flexibilität, um die drei Konzernbereiche Pharma, Produkte für die Pharmaforschung und Spezialchemie zu stärken.

P&G steckt hinter Marken wie dem Waschmittel Ariel, der Zahncreme blend-a-med oder Pampers-Windeln. Der Deal soll Ende 2018 besiegelt sein, sofern die Aufsichtsbehörden zustimmen. Die vermarkteten Portfolios, die Produktpipelines und die geographische Ausrichtung beider Geschäfte ergänzen sich in hohem Maße“, sagte Belén Garijo, Mitglied der Geschäftsleitung von Merck und CEO Healthcare.

Merck hatte die Sparte mit Marken wie Kytta, Femibion, Nasivin, Cebion, Multibionta, Bion3, Vigantol, Epamax und Kohle Compretten im September zur Disposition gestellt. Alleine sei es zu klein für Merck, befand Vorstandschef Stefan Oschmann. Stattdessen will er sich mehr auf die teure Entwicklung von Arznei-Blockbustern konzentrieren, die hohe Erlöse versprechen, wie dem Krebsmedikament Bavencio und der MS-Tablette Cladribin. Der Verkauf sei ein wichtiger Schritt „in der strategischen Ausrichtung von Merck auf innovationsgetriebene Geschäfte“, erklärte er.

Der Nettoumsatz des Consumer-Health-Geschäfts von Merck wuchs im Zeitraum 2015 bis 2017 organisch um 6 Prozent. Der Umsatz mit rezeptfreien Arzneien war 2017 um mehr als sieben Prozent auf 911 Millionen Euro gestiegen. Die Verkaufsgespräche hatten sich aber lange verzögert.

Im Vorfeld des Verkaufs hatten sich verschiedene Interessenten die Klinke in die Hand gegeben, die dann aber wegen hoher Preisvorstellungen abgesprungen seien. Neben Nestlé, Stada oder Reckitt Benckiser war zuletzt der US-Pharmakonzern Mylan als möglicher Käufer genannt worden. Der Wick-Hersteller P&G wurde kürzlich auch als möglicher Käufer der OTC-Sparte von Pfizer genannt.

Die Amerikaner haben bislang fast alle potenziellen Käufer wie Nestlé, GlaxoSmithKline, Reckitt Benckiser, Sanofi und Johnson & Johnson nicht überzeugen können. Pfizer peilt einen Verkaufspreis von bis zu 20 Milliarden US-Dollar an. Laut CNBC-Bericht will P&G nur 15 bis 16 Milliarden Dollar zahlen.

Mit dem Milliardendeal sollen nun weltweit 3300 Mitarbeiter zu P&G wechseln. Ob ein Stellenabbau drohe, konnte eine Sprecherin nicht sagen. Gespräche mit Arbeitnehmervertretern stünden noch aus. Das US-Unternehmen erklärte, das Merck-Portfolio ergänze die eigenen Gesundheitsprodukte, darunter die Zahnbürste Oral-B. Procter & Gamble schätze „das stabile und breit abgestützte Wachstum“ der Merck-Sparte, sagte Chef David Taylor.

Mit dem Verkauf kann Merck pünktlich zu den Jubiläumsfeiern endlich gute Nachrichten verbreiten, nachdem das Geschäft des Dax-Konzerns zuletzt geschwächelt hatte. Heute findet in Darmstadt ein Mitarbeiterfest statt, Anfang Mai ist ein Festakt mit Hunderten Gästen und Kanzlerin Angela Merkel geplant. Das 1668 gegründete Unternehmen erwartet 2018 nur moderat steigende Umsätze.

Die Transaktion wird über den Verkauf von Anteilen an mehreren Merck-Tochtergesellschaften sowie im Wege weiterer sogenannter Asset Deals durchgeführt. Sie umfasst das Consumer-Health-Geschäft in 44 Ländern mit mehr als 900 Produkten und zwei von Consumer Health geführten Produktionsanlagen in Spittal (Österreich) und Goa (Indien).