Die AG Pro Biosimilars legt neue Zahlen zur Kosteneinsparung durch Biosimilars vor. Die Nachfolger ehemals patentgeschützter Biopharmazeutika sind teilweise um über 40 Prozent günstiger. Dennoch: Den geplanten exklusiven Rabattverträgen im kommenden Jahr steht Pro Biosimilars kritisch gegenüber.
In zahlreichen Indikationen stellen Biologika die neuen Hoffnungsträger dar. Egal ob bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen, Rheuma oder Psoriasis – jährlich kommen neue Biologika auf den Markt und mit ihnen auch neue Biosimilars. So sind mittlerweile sechs Biosimilars zum Krebsmedikament Avastin (Roche) am Markt: Aybintio (Organon), Mvasi (Amgen), Oyavas (Stada), Zirabev (Pfizer), Abevmy (Mylan) und Alymsys (Servier).
Laut Pro Biosimilars konnten durch die Verordnung von Biosimilars seit 2010 rund 3,3 Milliarden Euro im Gesundheitssystem eingespart werden. Die jährlichen Einsparungen steigen: 2010 konnten 21 Millionen Euro eingespart werden, 2020 1,1 Milliarden Euro. Natürlich kamen auch neue Vertreter der Biopharmazeutika hinzu, sodass bei immer mehr Original-Biologika eine Verordnung eines Biosimilars möglich ist.
Nach der Einführung eines Biosimilars sind die Preise zunächst nur geringfügig niedriger als beim Original-Biologikum. Doch Beispiele wie Adalimumab (Humira, AbbVie) zeigen, dass die Einsparungen größer werden. „Beim dereinst umsatzstärksten Medikament für die gesetzlichen Krankenkassen (Original: Humira) fiel der Preis pro Tagestherapiedosis seit Einführung der Biosimilars von 60,47 Euro (Oktober 2018) auf 33,94 Euro (August 2021). Somit sank der Durchschnittspreis um stattliche 43,9 Prozent“, informiert Pro Biosimilars.
Durch die neuen Festbeträge bei den TNF-alpha-Wirkstoffen (Adalimumab, Etanercept, usw.) sollen jährlich weitere 400 Millionen Euro eingespart werden.
Biotechmedikamente wie Avastin werden mit gentechnisch veränderten Zellen hergestellt, daher sind Generika nie identische Kopien des Originalproduktes. Ein Biosimilar ist ein biologisches Arzneimittel, das dem Referenzarzneimittel in Bezug auf Qualität, Sicherheit und Wirksamkeit sehr ähnlich ist. Daher müssen Nachahmer die Sicherheit und Wirksamkeit für die Zulassung detailliert prüfen und belegen. Ein Biosimilar wird nicht als Generikum eines biologischen Arzneimittels angesehen – Avastin kann somit beispielsweise nicht einfach durch Mvasi oder ein anderes Biosimilar ausgetauscht werden.
Nur wenn Biologika die gleichen Ausgangsstoffe und denselben Herstellungsprozess aufweisen, können sie ausgetauscht werden. Diese sogenannten Bioidenticals finden sich in der in Anlage 1 des Rahmenvertrages. Aktuell enthält diese Liste sieben Wirkstoffe: Epoetin theta, Epoetin zeta, Filgrastim, Infliximab, Interferon beta-1b, Teriparatid und Rituximab.
Im kommenden Jahr sollen die Ersparnisse, die mit Biosimilars erzielt werden können, noch weiter steigen. Jedoch nicht durch die Einführung neuer Produkte oder der Einstufung neuer Bioidenticals, sondern durch eine automatische Substitution. Dann werden die Austauschregeln geändert und die bisher geltenden Regeln treten zum Teil außer Kraft. Pro Biosimilars befürchtet, dass die Krankenkassen die Preise massiv drücken könnten. Bisherige Open-House-Verträge werden in Exklusivverträge umgeändert.
Peter Stenico, Vorsitzender von Pro Biosimilars, äußert starke Kritik: „Exklusive Rabattverträge haben bei Generika zu einem ruinösen Wettbewerb geführt. Allein die Zahl der Arzneimittelengpässe sind ein Symptom dafür, dass etwas grob schiefläuft. Wer es ausbadet, sind die Patientinnen und Patienten. Die Politik will durch die automatische Substitution noch mehr Einsparungen erzielen – und macht den Generika-Fehler zum zweiten Mal. Die neue Regierung sollte den Schritt der alten noch einmal überdenken. Sie sollte sehen, was die Biosimilars in den vergangenen Jahren aus eigener Kraft geschafft haben: immer mehr Einsparungen generieren – und die Patienten zuverlässig versorgen.“
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