Arzt – Klinik – Apotheke – Patient Patrick Hollstein, 05.09.2013 15:43 Uhr
Wenn er eine andere Frau geheiratet hätte, würde Frank Gotthardt vielleicht heute noch Software für die Fleischwarenindustrie verkaufen. Doch der Diplom-Informatiker ist mit einer Zahnärztin zusammen, und die überzeugte ihn vor mehr als 25 Jahren, ins Gesundheitswesen zu wechseln. Seitdem ist die von ihm gegründete CompuGroup Medical (CGM) pro Jahr um 30 Prozent gewachsen – vor allem durch Zukäufe.
Nach dem Wechsel in die Gesundheitsbranche übernahm Gotthardt 1993 zusammen mit Geschäftspartnern die Mehrheitsanteile an der EDV-Firma SKB 2, das es knapp 15 Jahre nach Gründung mit Compudent zum Marktführer im Bereich der Zahnarzt-EDV geschafft hatte.
1995 öffnet sich das Unternehmen für andere Arztgruppen. Richtig groß wird das Geschäft aber erst 2003 mit der Übernahme von Medistar und Turbomed. Mit mehr als 25.000 Anwendern haben die beiden Systeme zusammen noch heute einen Marktanteil von rund einem Viertel – mit anderen Systemen kommt CGM auf weitere 40.000 Installationen.
In den folgenden Jahren wird im In- und Ausland weiter zugekauft. Um die Übernahmen zu finanzieren, nehmen Gotthardt und seinen Partner den Finanzinvestor General Atlantic Partners mit an Bord. Von der Börse hatte sich das Unternehmen im Vorfeld verabschiedet; erst seit Mai 2007 werden wieder CGM-Aktien gehandelt. Gotthardt und seine Familie haben aber nach wie vor das Sagen.
Im Apothekenmarkt fasst CGM im Juni 2011 mit der Übernahme von Lauer-Fischer Fuß. Zuvor hatten Gotthardts Experten vergebens mit Pharmatechnik verhandelt. Der Apothekenbereich sei für die Gruppe der letzte fehlende Link zur Marktabdeckung gewesen, rechtfertigte Finanzchef Christian B. Teig damals den hohen Kaufpreis von insgesamt mehr als 70 Millionen Euro.
Der Start verläuft turbulent: Auf der Suche nach illegalen Softwaremodulen haben sich die Finanzbehörden das Softwarehaus vorgeknöpft. Mittlerweile ist CGM im Apothekenmarkt angekommen: Parallel zu Lauer-Fischer kaufte der Konzern Softwarehäuser in den Niederlanden, seit wenigen Wochen gehört auch der italienische Branchenprimus Studiofarma zum Konzern.
Heute hat CGM 3700 Mitarbeiter und 385.000 Kunden in 19 Ländern. Vom Umsatz von zuletzt 450 Millionen Euro entfallen 252 Millionen Euro auf EDV für Arztpraxen, 87 Millionen Euro auf Systeme für Kliniken und 55 Millionen Euro auf Apotheken-EDV. Dazu kommen 65 Millionen Euro aus Datenbanken wie IfAp sowie Netzwerk- und Hardwareangeboten.
So bietet CGM Ärztenetzen, Betreibergesellschaften, Krankenkassen und Pharmafirmen Zugang zu den Softwaresystemen. Allerdings hatte vor einem Jahr die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) die Werbemöglichkeiten für die Industrie eingeschränkt.
Nächstes Zukunftsthema für CGM ist die elektronische Patientenakte: „Viele Aufgaben erledigen wir inzwischen online. Das ist bequem und spart Zeit“, heißt es auf der Website. „CGM gestaltet diese Revolution für die Gesundheit: Mit uns stehen Arzt und Patient über die Praxiswebsite in direktem Kontakt – ob Terminanfrage, Rezepterneuerung, Online-Sprechstunde oder der Abruf von Befunden.“