Wenn er eine andere Frau geheiratet hätte, würde Frank Gotthardt vielleicht heute noch Software für die Fleischwarenindustrie verkaufen. Doch der Diplom-Informatiker ist mit einer Zahnärztin zusammen, und die überzeugte ihn vor mehr als 25 Jahren, ins Gesundheitswesen zu wechseln. Seitdem ist die von ihm gegründete CompuGroup Medical (CGM) pro Jahr um 30 Prozent gewachsen – vor allem durch Zukäufe.
Nach dem Wechsel in die Gesundheitsbranche übernimmt Gotthardt 1993 zusammen mit Geschäftspartnern die Mehrheitsanteile an der EDV-Firma SKB 2, die es knapp 15 Jahre nach Gründung mit Compudent zum Marktführer im Bereich der Zahnarzt-EDV geschafft hat.
1995 öffnet sich das Unternehmen für andere Arztgruppen. Richtig groß wird das Geschäft aber erst 2003 mit der Übernahme von Medistar und Turbomed. Mit mehr als 25.000 Anwendern haben die beiden Systeme zusammen einen Marktanteil von rund einem Viertel – mit anderen Systemen kommt CGM auf weitere 40.000 Installationen.
In den folgenden Jahren wird im In- und Ausland weiter zugekauft. Um die Übernahmen zu finanzieren, nehmen Gotthardt und seinen Partner den Finanzinvestor General Atlantic Partners mit an Bord. Von der Börse hat sich das Unternehmen im Vorfeld verabschiedet; erst seit Mai 2007 werden wieder CGM-Aktien gehandelt. Gotthardt und seine Familie haben aber nach wie vor das Sagen.
Im Apothekenmarkt fasst CGM im Juni 2011 mit der Übernahme von Lauer-Fischer Fuß. Zuvor hatten Gotthardts Experten vergebens mit Pharmatechnik verhandelt. Der Apothekenbereich sei für die Gruppe der letzte fehlende Link zur Marktabdeckung gewesen, rechtfertigt der damalige Finanzchef Christian B. Teig den hohen Kaufpreis von insgesamt mehr als 70 Millionen Euro. Parallel zu Lauer-Fischer kaufte der Konzern Softwarehäuser in den Niederlanden, auch der italienische Branchenprimus Studiofarma gehört mittlerweile zum Konzern.
Heute hat CGM 5000 Mitarbeiter und mehr als eine Million Nutzern, darunter Ärzte, Zahnärzte, Apotheken und sonstige Leistungserbringer in ambulanten und stationären Einrichtungen. Eigenen Standorte gibt es in 19 Ländern, die Produkte werden in 55 Ländern eingesetzt.
Vom Umsatz von zuletzt 750 Millionen Euro entfallen 62 Prozent auf EDV für Arztpraxen und je 16 Prozent auf Systeme für Kliniken und Apotheken. 6 Prozent macht der Bereich „Consumer & HealthManagement Information Systems“ aus, zu dem Datenbanken wie IfAp gehören. Mit dem gerade zugekauften Klinikanbieter Medico/Cerner rückt die Umsatzmilliarde näher.
Nächstes Zukunftsthema für CGM sind neben der elektronischen Patientenakte Angebote für Endverbraucher: „Unsere Ideen und Technologien treiben und ermöglichen Digitalisierung in vielen Gesundheitssystemen der Welt“, so Gotthardt. „Dabei sehen wir Digitali-sierung von jeher nie als Selbstzweck, sondern stets als hilfreichen und intelligenten Unterstützer im Dienste der Gesundheitsprofis und Bürger.“
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