Aurobindo: Nachzügler wird Primus Carolin Bauer, 20.01.2014 16:00 Uhr
Dr. Reddy's (Betapharm), Ranbaxy (Basics) und Torrent (Heumann/Heunet): In den vergangenen Jahren haben verschiedene indische Generikakonzerne ihr Glück in Deutschland versucht. Vergleichsweise spät dran ist Aurobindo. Doch nachdem das börsennotierte Unternehmen zuletzt dank der Rabattverträge an Präsenz in den Apotheken gewonnen hat, ist der Newcomer nach der Übernahme von Actavis in Westeuropa künftig aus dem Generalalphabet nicht mehr wegzudenken.
Mit einem Umsatz von zuletzt umgerechnet 700 Millionen Euro gehört Aurobindo nach eigenen Angaben zur Top 10 der indischen Industrie. Die Produkte werden in mehr als 125 Länder verkauft: Etwa 70 Prozent des Umsatzes wird im Ausland erwirtschaftet. 2015/2016 will der Konzern sein Geschäft verdoppeln.
Durch den Actavis-Deal rückt das Ziel näher: Alleine in Deutschland kommt der einstmals isländische Konzern auf Erlöse von rund 90 Millionen Euro; in allen sieben Ländern zusammen sind es 320 Millionen Euro.
Gegründet wurde Aurobindo 1986 von P.V. Ramaprasad Reddy und K. Nityananda Reddy. Zwei Jahre später begann die Produktion für halbsynthetische Penicilline im südindischen Pondicherry. 1992 wurden neue Investoren gewonnen, seit 1995 ist Aurobindo an der Börse gelistet. Heute sind in 15 Werken weltweit 6000 Mitarbeiter beschäftigt.
In Deutschland ist das Unternehmen seit 2009 vertreten. Seit im März 2010 die ersten Produkte eingeführt wurden, ist der Umsatz von 200.000 Euro auf 33 Millionen Euro gewachsen. Insgesamt sind sechs Mitarbeiter in der Niederlassung im bayerischen Unterschleißheim beschäftigt.
Etabliert wurde das Geschäft von Florian Abbenseth, der zuvor beim Konkurrenten Betapharm als Assistent der Geschäftsführung und Integrationsmanager tätig war und heute das deutsche Geschäft des ebenfalls indischen Anbieters Glenmark leitet.
Aktuell führt, neben Venugopalan Muralidharan als Vertreter des Mutterkonzerns, Alexander Fiedel die Geschäfte. Fiedel war davor bei Ratiopharm für die Kooperation mit Krankenkassen zuständig und hat für Aurobindo schon mehr als 50 Rabattverträge an Land gezogen. Ab April ist das Unternehmen bei der AOK exklusiver Lieferant für die AOK.
Über Actavis könnten, neben einer kleinen Zahl an OTC- und Freiwahlprodukten, weitere Verträge hinzukommen. Zusätzlich will Aurobindo weiterhin Nischen erschließen. Im März 2011 hatte der Newcomer mit Zidovudin das erste generische HIV-Medikament in Deutschland auf den Markt gebracht. Im Sortiment sind heute vier generische Präparate zur Behandlung der Immunschwächekrankheit. „Wir wollen die antiretrovirale Therapie ausbauen, um nicht nur klassische Generika anzubieten“, sagt Fiedel.
In Europa ist der Konzern übrigens schon seit der Übernahme des britischen Herstellers Milpharm im Jahr 2006 aktiv. Mit weiteren Zukäufen wie des niederländischen Unternehmens Pharmacin wurde die Präsenz ausgebaut. Mit dem Zukauf bei Actavis kann Aurobindo in den bislang nicht erschlossenen Märkten Frankreich und Belgien einen Fuß setzen.Mit der bereits existierenden Infrastruktur und optimierten Lieferketten will Aurobindo das Geschäft von Actavis in den sieben Ländern wieder profitabel machen. Ob die einstmals isländische Marke erhalten bleibt, ist noch nicht entschieden.