Kommentar

Pinger wird politisch

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Berlin -

Celesio ist nicht unbedingt der bekannteste Konzern in Deutschland – aber einer der geschwätzigsten. Von jeher versteht man sich in Stuttgart als weit mehr als reines Handelsunternehmen. Ex-Konzernchef Dr. Fritz Oesterle ließ die Öffentlichkeit regelmäßig wissen, wie seine Sicht der Dinge war – nicht selten ging es dann gegen die Apotheker. Auch sein Nachfolger Markus Pinger läuft sich warm als politischer Impulsgeber. Dabei achtet er allerdings mehr darauf, im Sinne seiner Kunden zu sprechen.

 

Oesterle schien die politische Inszenierung nicht nur zu lieben, er brauchte sie auch: Der Jurist wollte den Apothekenmarkt umkrempeln und suchte Verbündete – in Stuttgart und in Berlin. Mit Politikbrief, Parteitagsstand und regelmäßig platzierten Interviews in der Wirtschaftspresse hielt sich Celesio bei den Entscheidungsträgern präsent. In der ganz heißen Phase wurden sogar Auftritte im Bundestag und ein eigener Fachkongress zur Liberalisierung organisiert. Nebenbei war Oesterle Mitglied im Gesundheitsausschuss des CDU-Wirtschaftsrats.

Ob Pinger ähnliche Allüren plagen, weiß man nicht. Zum Einstand nahm sich Pinger keinen Geringeren als Wolfgang Schäuble vor. Im Interview mit der Berliner Zeitung kritisierte der Celesio-Chef den Bundesfinanzminister dafür, die GKV-Überschüsse in andere Bereiche des Haushalts umleiten zu wollen. Das tat keinem weh, spricht aber allen im Gesundheitswesen aus dem Herzen. Der Begriff „historische Chance“ wird aktuell zwar eher in Verbindung mit dem arabischen Frühling bemüht als mit GKV-Finanzen. Aber ersteren hat Pinger ja auch schon für sich entdeckt.

Denn auch er braucht Öffentlichkeit. Das Hauptstadtbüro soll daher erhalten bleiben. Immerhin soll Celesio mit neuen Angeboten punkten, für die der rechtliche Rahmen teilweise erst noch geschaffen werden muss. Diesmal mit den Apothekern. Pingers Gedanke hierzu hätte – zwar nicht inhaltlich, aber in der Bildsprache – auch von seinem Vorgänger stammen können: „Das Kerngeschäft ist der Ast, auf dem man sitzt.“ Zum Glück ist der Holzfäller inzwischen bei Kaufland.

 

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