Es ist vermutlich das Produkt mit dem unaussprechlichsten Namen in der Sichtwahl und war doch jahrelang ein Topseller: Umckaloabo von der Schwabe-Tochter ISO-Arzneimittel. Obwohl der Hype um den Extrakt aus Pelargonium sidoides deutlich nachgelassen hat, kommen jetzt gleich mehrere Generika auf den Markt. Ratiopharm und Hexal sind schon da, Klosterfrau und Dermapharm könnten folgen. Merz versucht derweil, das Produkt aus der Apotheke in die Drogerie zu bekommen. Es ist eine Geschichte von alten Bündnissen und gepflegten Feindschaften.
Knapp 2,7 Millionen Umckaloabo-Packungen im Wert von 35 Millionen Euro wurden im vergangenen Jahr verkauft. Rund 80 Prozent entfallen auf die Tropfen, Filmtabletten und Kindersaft sind von untergeordneter Bedeutung.
Im Vergleich zu 2010 ist das Geschäft allerdings um ein Drittel zurückgegangen: Vor der öffentlichen Debatte um mögliche Leberschäden wurden jährlich mehr als 4 Millionen Packungen im Wert von 55 Millionen Euro verkauft. In der Spitze sollen die Erlöse sogar bei 80 Millionen Euro gelegen haben.
Immer wieder hatte es in den vergangenen Jahren Vorstöße gegeben, Konkurrenzprodukte zu Umckaloabo auf den Markt zu bringen. Besonders umtriebig war der Zulassungsdienstleister Finzelberg aus Andernach bei Koblenz.
Anfang 2010 brachte das Unternehmen, zusammen mit anderen Firmen und Nichtregierungsorganisationen, fünf Patente zur Herstellung von Pelargonium-Extrakten zu Fall, die im September 2002 erteilt worden waren. Wegen der Diskussion um die Frage, ob sich traditionelles Wissen überhaupt schützen lässt, gab Schwabe den Widerstand kurz darauf auf.
Zeitgleich versuchte Finzelberg, vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) eine Zulassung für einen eigenen Pelargonium-Extrakt zu erhalten. Doch anders als im Nachzulassungsverfahren für Umckaloabo, genügte der Behörde diesmal der Nachweis von Wirksamkeit und Unbedenklichkeit anhand von literarischen Angaben nicht („well established used“).
Zwischenzeitlich hatte sich aber die europäische Zulassungsbehörde EMA mit Pelargonium beschäftigt. Nach zwei Jahren Arbeit legte das Committee on Herbal Medicinal Products (HMPC) im November 2012 für den Wirkstoff eine Monographie vor, auf deren Grundlage nun sogar eine Registrierung als traditionelles Arzneimittel möglich war. Bei Finzelberg und dem Konkurrenzunternehmen Diapharm aus Münster machte man sich an die Arbeit.
Mitte 2013 hatte Finzelberg mehrere Registrierungen für den flüssigen Pelargonium-Auszug in der Tasche, zwei davon gingen an Hexal und Ratiopharm. Parallel brachte Diapharm seine Anträge für Filmtabletten durch; hier griffen abermals Hexal und Ratiopharm sowie die Dermapharm-Tochter Anton Hübner und Klosterfrau zu. Die Kölner wiederum haben mit Pelacur in Österreich bereits ein eigenes Produkt in Tropfenform auf dem Markt, das womöglich auch nach Deutschland geholt werden könnte.
Mit Pelasya war Hexal Mitte Januar der erste Newcomer auf dem Markt, aktuell wird das Produkt, das in der Packung à 20ml 7,58 Euro statt wie Umckaloabo 9,97 Euro kostet, in den TV-Spots des Konzerns beworben. In Holzkirchen geht man davon aus, dass die Nachfrage anzieht, sobald das Stufenplanverfahren abgeschlossen ist und die Sicherheitsbedenken ausgeräumt sind. „Wir erwarten ein deutliches Wachstum des Marktsegmentes und zielen darauf, die Alternativ-Empfehlung Nr.1 zu Umckaloabo zu werden“, sagt OTC-Marketingchef Thomas Went.
Ratiopharm zog jetzt nach, nutzte für seine Pelargonium-Bronchialtropfen (7,96 Euro) aber nicht die Registrierung von Finzelberg, sondern holte die Schwabe-Tochter Bioplanta mit ihrem Spezialextrakt EPs 7630 mit ins Boot. Dass der Phytokonzern sich selbst Konkurrenz macht, ist nicht neu: Im Fall von Gingko (Tebonin, Roekan) arbeitet Bioplanta sowohl mit Ratiopharm als auch mit Hexal zusammen. Bei dem Blätterextrakt führt an Schwabe kein Weg vorbei.
Jetzt beharken sich die neuen Konkurrenten. Der Außendienst von Schwabe verweist darauf, dass das Hexal-Produkt mit dem Original nicht vergleichbar sei. Pelasya sei kein zugelassenes, sondern lediglich ein registriertes, traditionelles Arzneimittel, erklärt eine Unternehmenssprecherin. Für die Mischung aus Pelargonium sidoides und Pelargonium reniforme existierten keine klinischen Studien. Daher gebe es Einschränkungen bei Kindern, in der Schwangerschaft und in der Anwendungsdauer.
Im gegnerischen Lager argumentiert man genau anders herum: Umckalobao – und entsprechend Pelargonium Ratiopharm – sei nur für die Behandlung der akuten Bronchitis zugelassen und gerade nicht allgemein bei Erkältungskrankheiten. Mit der Nachzulassung seien Indikationen wie Mandel- und Rachenbeschwerden sowie Sinusitis gestrichen worden.
Bruno Wagner, bei Finzelberg für regulatorische Angelegenheiten verantwortlich, versucht zu relativieren: Alle neu erteilten Registrierungen seines Unternehmens bezögen sich auf die HMPC-Monographie, die wiederum das traditionelle Präparat Umckaloabo zur Grundlage hatte. „Somit sind wir mit dem Produkt der Firma Schwabe vergleichbar.“
Das Hickhack ist aber nichts im Vergleich zu den Auseinandersetzungen, die Schwabe mit Merz hat. Seit der Frankfurter Hersteller nach langem Rechtsstreit Ginkgo als Nahrungsergänzungsmittel in die Drogerie gebracht hat, sind sich die beiden Familienunternehmen spinnefeind.
2010 schickte sich Merz an, unter einem der Namen Umkolabo, Mukukulabo oder Afrokulabo ein Konkurrenzprodukt zu Umckaloabo auf den Markt zu bringen. Über die Markenrechte wird noch gestritten, doch einstweilen hat Schwabe den Vertrieb von Kapla-Pelago gestoppt.
Der Pelargonium-Extrakt war im August 2012 unter der Dachmarke Tetesept als Medizinprodukt eingeführt worden. Seit Ende vergangenen Jahres ist das Präparat nicht mehr erhältlich. Weder Schwabe noch Merz wollen sich zu den Hintergründen äußern – laufendes Verfahren, heißt es.
Als Gegenangriff von Schwabe könnte die neue Ausrichtung der Tochterfirma Spitzner sein. Nachdem das Unternehmen im vergangenen Jahr seine Produkte Umckaloabo, Lasea und Pinimenthol an den Mutterkonzern abgegeben hat, werden von Ettlingen aus jetzt Badezusätze, Saunaaufgüsse oder Massageöle angeboten – das klassische Tetesept-Sortiment, sozusagen.
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