Phyto-Sedativa: Wirknachweise fehlen oft APOTHEKE ADHOC, 01.06.2023 09:00 Uhr
Die unruhigen Zeiten sorgen bei vielen Menschen für Beschwerden: Gegen Nervosität und innere Unruhe können verschiedene pflanzliche Mittel zum Einsatz kommen. Stiftung Warentest hat insgesamt 25 Präparate bewertet – der Großteil wird jedoch als „wenig geeignet“ eingestuft, weil keine ausreichenden Nachweise aus klinischen Studien vorliegen.
Vor allem während der Pandemie ist die Nachfrage zu pflanzlichen Beruhigungsmitteln gestiegen. Dabei steht mittlerweile eine ganze Palette an Produkten zur Verfügung – sowohl in der Apotheke als auch in der Drogerie oder gar im Supermarkt. Nicht selten werden die Präparate daher auch ohne individuelle Beratung gekauft und angewendet. Schließlich versprechen viele Hersteller, dass die Mittel ohne negative Wirkungen sind und sanft helfen.
Fehlende Wirknachweise
Warentest hat insgesamt 25 rezeptfreie Mittel getestet – darunter Tabletten, Kapseln, Tinkturen und Tees. Zu allen wurden – wenn vorliegend – Studien zu Wirksamkeit und Risiken eingesehen. Das Fazit: „Von den meisten Mitteln ist keine sichere Wirksamkeit gegen Unruhe und Nervosität zu erwarten.“ Für insgesamt 21 der 25 Präparate lägen „keine ausreichenden Nachweise aus klinischen Studien vor“. Die Bewertung von Warentest lautet daher „wenig geeignet“.
Unter den so bewerteten Präparaten befinden sich auch Klassiker aus der Apotheke wie Lasea (Dr. Willmar Schwabe), Lioran (Cesra) und Pascoflair (Pascoe). Lasea sei mit einem Preis von rund einem Euro pro Kapsel „besonders teuer“ – verkaufte sich jedoch mehr als 1,4 Millionen Mal allein im Jahr 2021. Warentest zeigt sich nicht überzeugt: „Einige Studien erbrachten zwar positive Hinweise, doch die Daten reichen nicht aus, um die therapeutische Wirksamkeit des Öls als belegt ansehen zu können.“
Fast alle Präparate „wenig geeignet“
Die einzigen Präparate, die von Warentest als „mit Einschränkung geeignet“ empfohlen werden, sind reine Baldrianpräparate – jedoch lediglich solche, die einen bestimmten Trockenextrakt der Wurzel enthalten. Nur für diesen könnten wissenschaftliche Studien nahelegen, dass eine Wirksamkeit gegen Unruhe bestehe. Aus der Apotheke kann damit lediglich Euvegal Balance (Dr. Willmar Schwabe) punkten. Ebenso wie zwei Vertreter von Abtei beziehungsweise Klosterfrau, die auch in Drogerien erhältlich sind.
Andere Baldrianpräparate sowie Zweifach- und Dreifachkombinationen aus Baldrian und anderen Pflanzen werden von Warentest mit „wenig geeignet“ bewertet. Die therapeutische Wirksamkeit sei nicht ausreichend nachgewiesen. Unter diesen Mitteln finden sich auch Apothekenvertreter wie Sedariston Tropfen (Aristo), Baldriparan zur Beruhigung (PharmaSGP) oder Kytta-Sedativum (Wick/P&G).
Beruhigungstees können nicht überzeugen
Ebenso fallen im Test verschiedene Beruhigungstees mit Baldrian, Melisse, Hopfen, Passionsblume, Lavendel und Johanniskraut durch. Sowohl die klassischen Apotheken-Tees wie auch die Vertreter aus Drogerie und Supermarkt können Warentest nicht überzeugen. Der Entscheidung liegen laut Warentest auch hier die fehlenden Nachweise zur therapeutischen Wirkung zugrunde.
Warentest dämpft CBD-Hype
Besonderes Augenmerk legt Warentest diesmal auch auf das vielumworbene CBD, welches häufig als „Wundermittel“ angepriesen werde. Doch auch Cannabidiol kann nicht empfohlen werden. Warentest verweist auf seinen Test aus dem Jahr 2021: Damals wurden insgesamt 17 Produkte unter die Lupe genommen – die versprochenen Eigenschaften konnten nicht belegt werden, außerdem berge die Einnahme Risiken, so das Fazit. Rechtlich würden sich die Produkte zum Einnehmen zudem weiterhin in einer Grauzone bewegen.