Phoenix/Linda: Allianz gegen Alliance Patrick Hollstein, 27.11.2020 10:32 Uhr
Nach der Fusion von Gehe und Alliance Healthcare (AHD) ist Phoenix nicht mehr die unangefochtene Nummer 1 im Großhandel – eine komplett neue Situation nach fast 30 Jahren. In Mannheim hat man daher die zuletzt gebeutelte Beziehung zu MVDA/Linda neu aufleben lassen. Auf die ersten vorsichtigen Annäherungsversuche folgt nun die klare Botschaft: Ab 2021 rückt man so eng zusammen wie nie zuvor.
Noch treten Gehe und AHD getrennt am Markt auf, doch in absehbarer Zeit könnte Phoenix einen Konkurrenten auf Augenhöhe haben. Für Alleingänge und Experimente ist es also nicht die richtige Zeit, zumal die Megafusion auch die Chance bietet, mit Verweis auf die globalen Kettenaktivitäten der Mutterkonzerne neue Kunden zu gewinnen.
Auf der anderen Seite hat man auch beim MVDA seit dem Clash mit Phoenix Federn lassen müssen. Von ehemals 3000 Mitgliedern sind dem Vernehmen nach noch rund 1700 übrig, ruhende Mitgliedschaften eingeschlossen.
Und so haben die beiden langjährigen Partner wieder zusammengefunden, wie es im Beziehungsleben gemeinhin heißt. Die bewährte Partnerschaft werde ab 2021 unter neuen Vorzeichen fortgesetzt, so die offizielle Erklärung: „Vor dem Hintergrund der Marktdynamik und insbesondere des Digitalisierungsdrucks haben sich alle Parteien auf eine zukunftsweisende, enge Form der Zusammenarbeit geeinigt. Ziel ist, die angeschlossenen vor Ort Apotheken maximal zu stärken.“
Konkret sieht die Partnerschaft so aus: Phoenix setzt voll auf Linda und verzichtet – auch vor dem Hintergrund der erfolglosen Versuche der Vergangenheit – auf den Aufbau einer eigenen Dachmarke. Zwar gibt es noch einen kleinen Einkaufsvorteil für Mitglieder von „Deine Apotheke“. Der Vertrieb wird aber aktiv Mitglieder für Linda werben und entsprechenden Konditionen belohnen. Dabei pocht der Konzern nicht einmal mehr darauf, Erstlieferant zu sein.
Auf der anderen Seite hat sich die Kooperation dazu entschlossen, ebenfalls komplett auf die Marke Linda einzuzahlen. Heißt: Nach Ablauf einer Übergangsfrist wird es die reine MVDA-Mitgliedschaft nicht mehr geben. Wer partout keine Dachmarke will, muss sich wenigstens mit einem Aufkleber in der Tür als Linda-Partnerapotheke zu erkennen geben. Hintergrund sind die Pläne für eine umfassende Gesundheitsplattform.
Laut MVDA-Präsidentin Gabriela Hame-Fischer haben die Gremien einstimmig für die Neuausrichtung gestimmt. „Ab 2021 werden wir die MVDA-Mitgliedschaft fest an eine Linda-Teilnahme koppeln. Für Neukunden und MVDA-Mitglieder wird es neben der Premiummitgliedschaft eine niederschwellige Einstiegsstufe geben. Unser klarer strategischer Weg ist, dass wir allen Mitgliedern dadurch die Brücke zur Digitalplattform bauen und jeder die Möglichkeit hat, sich über qualitative Leistungsangebote im Wettbewerb zu behaupten.“
„Die Konzentration aller Beteiligten auf Linda und die Stärkung der PoS-Marke ist von entscheidender strategischer Bedeutung“, so Linda-Vorstandsprecher Volker Karg. „Linda ist seit 16 Jahren am Markt und hat sich eine veritable Bekanntheit erarbeitet. Auf diesem Fundament werden wir aufbauen und den Nutzen gezielt in eine Digitalplattform übertragen.“ Für den Neustart der Partnerschaft sei man bereit, unseren eingeschlagenen Weg mit mehreren Logistikpartnern zu verlassen. „Das ist eine Managemententscheidung, die der Sache dient und sich nicht um Eitelkeiten dreht.“
Auch Florian Altenhof, Geschäftsleitung Vertrieb Deutschland bei Phoenix, freut sich über den gemeinsamen Neustart: „Wir haben einen guten Rahmen der Zusammenarbeit gefunden. Phoenix wird das eigene Leistungsportfolio für die Vor-Ort-Apotheke in Deutschland dadurch weiter stärken können, nicht zuletzt durch die Performance- und Compliancestärke des Dachmarkenverbunds.“
In Zukunft wollen sich Phoenix und MVDA/Linda weiter verzahnen: So will der Großhändler auch die Planogramme der Kooperation für seine Kunden übernehmen. MVDA/Linda wird weiterhin die marketingseitigen Verhandlungen mit der Industrie eigenständig führen, der Bereich der Leistungsbonifizierung findet ab dem neuen Jahr aber wieder über Mannheim statt.
„Ein Umdenken innerhalb unserer Branche ist erforderlich. Individuelle Insellösungen werden kein Erfolg bringen“, so Karg. „Starke Allianzen müssen sich bilden und es gilt, die jeweiligen Kompetenzen in einem gemeinsamen System zusammenzuführen.“ Bei MVDA/Linda baue man das strategische Partnernetzwerk seit 2017 konsequent aus. „Heute sehen wir uns mit Phoenix, Noventi und Wort & Bild optimal aufgestellt. Und unsere Partner werden von der Stärke und Qualität der Dachmarke Linda ebenfalls profitieren.“
Man baue auf eine innovativ ausgerichtete Digitalstrategie in Form einer intersektoralen Apothekenplattform“, ergänzt Karg. Und Altenhof: „Wir freuen uns, wenn sich die stärkste stationäre Apothekenmarke dazu entschließen sollte, die geplante Digitalplattform zu unterstützen, denn durch die Bündelung der Kräfte aus Online- und Offlinekonzepten schaffen wir sicher Mehrwerte. Diese Kombination kann zu einem echten Wettbewerbsfaktor für die Apotheken vor Ort und damit insbesondere auch für Linda werden.“