Apotheken in Berlin und Brandenburg können heute nur schwer bei ihren Großhändlern bestellen. Die Gewerkschaft Verdi hat zum Warnstreik aufgerufen. Rund 200 Beschäftigte von Phoenix, Alliance Healthcare Deutschland (AHD) und Sanacorp beteiligen sich demnach. Bei Noweda in Mittenwalde ist eine Betriebsversammlung geplant. Auch in Hamburg wird gestreikt.
Die Beschäftigten im Groß- und Außenhandel fordern mehr Geld. Bei der ersten Tarifverhandlung Mitte Mai konnten sich Arbeitgeber- und Angestelltenvertreter nicht einigen. Die Großhändler boten laut Verdi 2 Prozent mehr Lohn für das laufende Jahr und ein Gehaltsplus von 0,5 Prozent für 2020. Dieses Angebot bedeute einen Reallohnverlust für die Beschäftigten und sei demnach unzumutbar, kommentiert die Gewerkschaft.
AHD hat die Berliner Kunden über mögliche Ausfälle informiert. „Leider ist es uns derzeit nicht möglich, Ihre Aufträge zu bearbeiten“, heißt es in einem Schreiben aus der Niederlassung in Berlin. Bereits übermittelte Aufträge würden ausgeliefert. „Bitte haben Sie für diese außerordentliche Situation Verständnis.“ Die Apotheken würden informiert, sobald der Streik beendet sei.Phoenix teilte den Apotheken mit, dass es geänderte Ankunftszeiten gebe. „Die gesamte Ware der ersten Tagestour wird von der Ihnen bekannten ersten Tagestour auf die zweite Tagestour beziehungsweise auf die darauf folgende verzögert und kommt erst dann zur Auslieferung.“ Der Mannheimer Großhändler entschuldigt sich mit einem bunten Anschreiben und sagt „sorry“.
Bei Phoenix sei der Warnstreik seit 11Uhr beendet, sagt ein Konzernsprecher. „Im Berliner Vertriebszentrum kam es im Betriebsablauf lediglich zu geringen Verzögerungen. Somit gab es nahezu keine Auswirkungen auf unsere Kunden.“ Im Vertriebszentrum Hamburg sei der Warnstreik um 9 Uhr beendet gewesen. Im Hamburg habe es keinerlei Auswirkungen auf die Apotheke gegeben.
Die Sanacorp-Niederlassungen in Brandenburg und Hamburg seien beide voll lieferfähig, sagt ein Sprecher der Genossenschaft. Alle Kundenbestellungen kämen zur weitgehend pünktlichen Auslieferung. „Vereinzelt kommt es zu geringen Tourenverspätungen, über die die Betroffenen Kunden aber informiert sind.“ Die Mitarbeiter, die sich nicht am Streik beteiligen, arbeiteten mit hohem individuellen Einsatz die Kundenaufträge ab. Unterstützt würden sie von Mitarbeitern aus der Verwaltung, Außendienstmitarbeitern und Führungskräften, die ebenfalls bei der Kommissionierung mitanpackten.
Die Gewerkschaft fordert 6,5 Prozent mehr Geld, mindestens 160 Euro sowie für die Auszubildenden 100 Euro mehr – jeweils für eine Laufzeit von zwölf Monaten. Zudem werden strukturelle Verbesserungen in der Vergütungsstruktur und eine Vorteilsleistung für ver.di-Mitglieder im Wert von 250 Euro verlangt. Verdi will gemeinsam mit den Arbeitgebern erreichen, dass beim Arbeitsministerium für den auszuhandelnden Tarifvertrag die Allgemeinverbindlichkeit beantragt wird, um den Wettbewerb um die billigsten Löhne in der Branche zu bekämpfen.
„Die Beschäftigten sind wütend über das Angebot der Arbeitgeber“, sagt Verdi-Verhandlungsführerin Erika Ritter. Den Unternehmen des Großhandels gehe es sehr gut, die Gewinne der Branche seien beachtlich. „An dieser Entwicklung müssen die Beschäftigten angemessen beteiligt werden, denn sie haben diese Gewinne erwirtschaftet. Die Beschäftigten brauchen mehr Geld, um die steigenden Lebenshaltungskosten bezahlen zu können und der Gefahr der Altersarmut entgegenzuwirken.“
Bereits vergangene Woche wurde bei Großhändlern in Nordrhein-Westfalen gestreikt. In mehreren Betrieben wurde am 21. Mai die Arbeit niedergelegt, darunter Phoenix in Bielefeld, Herne und Köln, bei AHD in Köln sowie bei Sanacorp in Düsseldorf.
APOTHEKE ADHOC Debatte