Phoenix und Sanacorp setzen sich durch Alexander Müller, 26.10.2017 11:12 Uhr
Rückschlag für die EU-Versandapotheke: Phoenix hat sich vor dem Oberlandesgericht Brandenburg (OLG) durchgesetzt. In dem Streit ging es um Auszahlungen seitens der Rechenzentren, die für die Apotheke überlebenswichtig sind. Gegenüber dem Großhändler Sanacorp soll die Versandapotheke ihre Schulden nach einem gerichtlichen Mahnbescheid dagegen beglichen haben.
Früher hat die EU-Versandapotheke von Dr. Bettina Habicht ihre Päckchen direkt bei Phoenix konfektioniert. Doch im Februar kam es zum Bruch: Die Versandapotheke verließ die angemieteten Räume kurzfristig und wechselte die Lieferanten. Phoenix fordert noch 5,4 Millionen Euro aus vermeintlich unbezahlten Rechnungen für Lieferungen im Januar und Februar. Darüber wird in den kommenden Wochen vor Gericht gestritten. Habicht stellt Gegenforderungen in Höhe von circa 4,6 Millionen Euro.
Phoenix hatte parallel versucht, Auszahlungen aus der Rezeptabrechnung an die EU-Versandapotheke zu blockieren. Dazu hatte der Großhändler Rechenzentren und Krankenkassen angeschrieben. Habicht hatte dagegen geklagt. Das Landgericht Cottbus entschied in erster Instanz zugunsten der Apothekerin – mit der Begründung, dass diese auf regelmäßige Geldströme angewiesen sei. Der Großhändler ging in Berufung. Mit Erfolg: Das OLG Brandenburg hob die einstweilige Verfügung in der vergangenen Woche auf. Die Urteilsgründe liegen noch nicht vor.
Da das Eilverfahren damit abgeschlossen ist, kann Phoenix seine Forderungen vorerst geltend machen. In der Vergangenheit hatte die EU-Versandapotheke ihre Rezepte über ALG abgerechnet. Die Forderungen von Phoenix richten sich dem Vernehmen nach aber jetzt auch gegen das Apothekenrechenzentrum Stein mit Sitz in Berlin. Insidern zufolge soll die Abrechnungsstelle im Rahmen einer Haftungsfreistellung 280.000 Euro an Habicht ausgezahlt haben.
Als Ende Februar die langjährige Beziehung zwischen der EU-Versandapotheke und Phoenix plötzlich in Scherben lag, konnten Habicht und ihr Mann Sven Schumacher, der sich um die wirtschaftlichen Belange kümmert, mit neuen Lieferanten den Geschäftsbetrieb seit März am Laufen halten. Zunächst waren Sanacorp, Alliance und Gehe als Lieferanten eingesprungen.
Doch so richtig glücklich geworden mit ihrem neuen Großkunden sind sie nicht. Ende Juli zog die Sanacorp die Reißleine und stellte die Belieferung ein. Zu groß war das Risiko, als Genossenschaft in die öffentliche Schlammschlacht um die Versandapotheke zu geraten. Und zu groß waren auch die Forderungen: 323.000 Euro waren offen. Ende August ließ sich die Hauptverwaltung in Planegg beim Amtsgericht Coburg einen Mahnbescheid ausstellen. Dem Vernehmen nach wurde diese Summe inzwischen beglichen, die Sanacorp wäre damit raus aus der Geschichte.
Alliance liefert einstweilen weiter als Hauptlieferant: Einmal in der Nacht fährt ein Lkw das Zentrum am Telering an. Gehe ist als Defektlieferant im Geschäft. Gegenüber den Mitarbeitern wurde der Wechsel mit verbesserten Konditionen begründet. Allerdings soll Alliance im Sommer für drei Tage die Belieferung eingestellt haben. Erst als wieder eine kleine Summe angezahlt wurde, soll wieder Ware gekommen sein. Später kündigte Alliance an, auf Barzahlung umzustellen, passiert ist aber wohl nichts. Die Sicherheit von einer Millionen Euro soll längst aufgebraucht sein.
Die Zukunft der Versandapotheke ist weiter ungewiss, offensichtlich spekulieren Investoren im Hintergrund auf ein Ende mit Schrecken. Dazu passt, dass viele Gerüchte im Umlauf sind und offenbar gezielt gestreut werden.
Dass die EU-Versandapotheke angeblich gegenüber Kunden mitgeteilt haben soll, überhaupt keine Rezepte mehr zu beliefern, lässt sich auf Nachfrage nicht bestätigen. Auch dass Mitarbeiter wegen Engpässen bei der Bestellung selbstständig Aufträge nach hinten geschoben oder sogar storniert haben sollen, lässt sich nicht verifizieren.
Was allerdings merkwürdig anmutet: Mitten in dieser heißen Phase, bei der es um die Zukunft der Versandapotheke geht, haben sich Habicht und Schumacher in den Urlaub verabschiedet.