Apotheken in Berlin müssen samstags künftig – zumindest teilweise – ohne Großhandelslieferung auskommen, wenn sie Kunden bei Phoenix sind. Der Konzern bestätigt die Maßnahme und begründet sie mit den steigenden Energiekosten.
Bislang werden Aufträge, die bis 10 oder 11 Uhr aufgegeben wurden, gegen 13 Uhr ausgeliefert. Dieses Angebot gibt es für Phoenix-Kunden zumindest in Berlin mancherorts nicht mehr – mehrere Apotheken berichten, dass der Konzern bei ihnen die Samstagstouren gestrichen hat. In anderen Bundesländern gibt es diese Maßnahme offenbar noch nicht.
„Die Kosten im Energie- und Transportbereich steigen unverändert deutlich an. Vor diesem Hintergrund überprüft Phoenix ihre Tourenplanung permanent“, bestätigt ein Sprecher. „Dies kann sich auf Einzelkundenebene auch auf eine Samstagstour beziehen. Eine Belieferung unserer Kunden an Samstagen findet weiterhin statt.“
Im Großhandel beobachtet man den Vorstoß mit großem Interesse, zumal schon vor 20 Jahren immer wieder darüber diskutiert wurde. „Die Debatte darüber ist so alt wie die Samstagstouren“, sagt ein Manager aus dem Großhandel. Das Angebot gebe es in den meisten Apotheken, sei aber im Grunde überflüssig. „Das ist ein wahnsinniger Kostenfaktor. Dem hohen Aufwand steht nur ein sehr begrenzter Umsatz gegenüber.“
So seien die Niederlassungen zwar schwächer besetzt als an normalen Wochentagen, aber für Auftragsannahme, EDV, Lager und eben die Auslieferung müsse Personal eingesetzt werden. Für viele Apotheken, die nur bis mittags geöffnet hätten, komme die Auslieferung ohnehin zu spät. Sie werde dann mitunter ohnehin erst nach Ladenschluss abgestellt. Und in der Regel dürfte die Lieferung am Montagmorgen ausreichend sein: Auch wenn bei bis zu 70 Prozent der Vorräte in den Apotheken nur eine Packung an Lager sei, dürfte es eher selten vorkommen, dass ausgerechnet samstags zwei Nachfragen kämen.
Die Streichung der Samstagstouren bei Phoenix könnte Auftakt für weitere Kürzungen sein. Nachdem fast alle Großhändler mittlerweile zusätzliche Gebühren mit Verweis auf die steigenden Energiekosten eingeführt haben, ist die Bereitschaft der Apotheken, auf Touren zu verzichten gestiegen. Im Herbst, heißt es aus Großhandelskreisen, könnte es weitere Reduktionen geben.
Auch Phoenix hat selbst hat die Konditionen gekürzt: Seit Mai wird ein neuer Leistungsbeitrag auf die Bestellung in Höhe von 0,75 Prozent erhoben. Zusätzlich wird für Kühlartikel eine Gebühr von 2 Euro pro Auslieferzeile fällig.
CEO Sven Seidel verteidigte die Maßnahmen: „Wir rechnen in diesem Jahr mit signifikanten Kostensteigerungen im zweistelligen Millionenbereich, denen wir uns bereits jetzt stellen und mit Maßnahmen begegnen müssen.“ In Deutschland seien dies steigende Tarife und der höhere Mindestlohn auf der einen Seite und explodierende Transportkosten. Habe man 2021 noch mit einem Dieselpreis von 1,40 Euro kalkuliert, gehe man nun für 2023 von 2,10 Euro je Liter aus. Dazu kämen CO₂-Steuern sowie deutlich höhere Kosten für Gas und Strom. Auch in die IT-Sicherheit müsse man investieren.
„Wir sind zu Anpassungen gezwungen, es geht nicht um Gewinn, sondern um die Aufrechterhaltung des Systems“, so Seidel. Offenbar ist man in Mannheim entschlossen, die steigenden Kosten vollumfänglich weiterzugeben: Seidel kalkuliert für das laufende Jahr mit einem Ertrag auf Vorjahresniveau.
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