Phoenix: Gute Apotheken, schlechte Apotheken Alexander Müller, 19.02.2018 10:31 Uhr
Zu Jahresbeginn kommt meist Bewegung in die Großhandelskonditionen. Branchenprimus Phoenix ist derzeit in beide Richtungen unterwegs: Einerseits sollen offenbar vor allem große Apotheken mit Wechselprämien gelockt werden, auf der anderen Seite wird Apotheken eine Kürzung des Rabattniveaus angedroht.
Wie gewohnt werden Kürzungen vorab schriftlich angekündigt. So erhalten Phoenix-Kunden aktuell Post von ihrem Großhändler. Die Aktion scheint noch nicht flächendeckend zu sein, das Schreiben ist aber in verschiedenen Vertriebsregionen aufgetaucht. Darin wird – etwas verklausuliert – die Einführung eines Handelsspannenausgleichs angekündigt. Ab März werde Phoenix „unter Berücksichtigung unserer Spanne das derzeitige Rabattniveau reduzieren“, heißt es in dem Schreiben, das APOTHEKE ADHOC vorliegt.
Die Argumentation des Großhändlers ist die in der Branche bei diesen Gelegenheiten übliche: Als zuverlässiger Partner der Apotheken sichere Phoenix die flächendeckende Versorgung mit Arzneimitteln. Um dem eigenen Versorgungsauftrag weiterhin nachkommen zu können, müsse man „nachhaltig wirtschaften“. Die eigene Marge sei jedoch seit Längerem unter Druck – „durch die Zunahme des Direktgeschäfts, verbunden mit einem kontinuierlichen Spannenabfall bei der Mehrzahl der Arzneimittel“.
Dass Apotheken nach dem Skonto-Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) wieder verstärkt direkt bei Herstellern einkaufen, beklagen auch andere Großhändler. Der Wegfall der margenstarken preisgünstigen Präparate belastet ihre Mischkalkulation. Verschärft wird dieses Problem aufgrund des steigenden Anteils besonders hochpreisiger Arzneimittel, bei denen die Großhandelsmarge gedeckelt ist.
Beim Handelsspannenausgleich legt der Großhandel eine Marge fest, die er pro Packung verdienen möchte – bei Phoenix typischerweise 6,33 Prozent. Diese Marge erreicht der Großhändler bei einem Packungswert von 20,71 Euro. Liegt die Apotheke beim Einkauf im Mittel über diesem Durchschnittspreis, werden die gewährten Rabatte entsprechend gekürzt. Bei Phoenix heißt dieses Modell Konditionssicherungsausgleich (KSA).
Der KSA ist aber nicht einzige Möglichkeit, gewährte Rabatte wieder zu kürzen. So wurde unlängst vom Phoenix-Außendienst mündlich ein sogenannter „Leistungsbeitrag“ ins Gespräch gebracht. Dabei behält die Apotheke ebenfalls ihren gewohnten Rabattsatz, zahlt am Ende aber einen Abschlag von 0,5 Prozent.
In dem Schreiben an die Kunden beklagt Phoenix noch, dass im vergangenen Jahr aus der Marktentwicklung heraus zusätzlich ein ökonomisches Ungleichgewicht entstanden sei, das „keine ausreichende Ertragslage“ sicherstelle. Auch das lesen Apotheker häufiger: Die Großhändler erklären eine ungesunde Rabattschlacht für beendet und kürzen die Konditionen.
Angedrohte Kürzungen werden nie flächendeckend durchgesetzt. Je nach Situation der Apotheke kann insbesondere der Handelsspannenausgleich häufig wieder weg verhandelt werden. Aber Phoenix gibt die Richtung vor, so dass der Außendienst zumindest keine weiteren Zugeständnisse machen muss. Denn genau das war nach dem BGH-Urteil in der Branche befürchtet worden.
Trotzdem kann der Branchenprimus nicht riskieren, mit einer Rabattkürzung Marktanteile zu verlieren. In den vergangenen Jahren war vor allem die Noweda dem Branchenprimus auf den Fersen. Und die Genossenschaft hat den Vorteil, dass die Leidensfähigkeit der Mitglieder für gewöhnlich höher ist als bei den Kunden der Mitbewerber.
Um mit wenig Aufwand viel Umsatz zu generieren, versucht Phoenix Brancheninsidern zufolge daher gerade auch wieder, größere Apotheken zu locken. Von Wechselprämien im fünfstelligen Bereich ist zu hören. Die Bedingung ist dem Vernehmen nach allerdings auch hier ein Handelsspannenausgleich. „Gerade bei hohen Umsätzen refinanziert sich die Apotheke kurz- bis mittelfristig ihren Wechselbonus selbst“, kommentiert ein Insider. Ein anderer bemerkt, dass Phoenix für die Neukunden, die großen Apotheken, das Geld der Altkunden als „Quersubventionierung“ benötige.
In der Vergangenheit hat Phoenix zu Jahresbeginn oft als erster agiert. Diesmal waren andere schneller: Die Sanacorp hatte schon Anfang Februar Konditionenkürzungen vorgenommen. Die Basisspanne für das gesamte verschreibungspflichtige Sortiment ohne Hochpreiser wurde von 6,14 auf 6,33 Prozent erhöht. „In der Vergangenheit hat Sanacorp innerhalb ihrer sehr transparenten Konditionsgestaltung eine Basisspanne zu Grunde gelegt, die 0,19 Prozentpunkte unterhalb der unserer Mitbewerber lag“, erklärte ein Sprecher.
Auch die Noweda hatte ihren Vertrieb zuletzt darauf eingeschworen, auf die eigene Spanne zu achten. In Essen will man nicht Lückenbüßer für Hochpreiser sein; am liebsten wäre die Genossenschaft sogar Alleinlieferant. Die Außendienstler wurden daher angehalten, Veränderungen in den Geschäftsbeziehungen im Auge zu behalten. Standardmäßig soll es den Handelsspannenausgleich in den Konditionen aber nicht geben, heißt es aus Essen.