Strüngmanns stolpern über Fondsprivileg Patrick Hollstein, 20.03.2015 15:23 Uhr
Zu den Ermittlungen gegen die Strüngmann-Brüder haben Handelsblatt und Manager Magazin neue Details ans Licht gebracht. Demnach geht es um das sogenannte Fondsprivileg: Die Staatsanwaltschaft München I soll Hinweisen nachgehen, dass die beiden Unternehmer allzu großen Einfluss auf die Entwicklungen eines Wertpapierprodukts genommen haben – und damit Steuervorteile zu Unrecht beansprucht haben.
Einen dreistelligen Millionenbetrag sollen die Brüder in einen Spezialfonds investiert haben. Solche Anlagegeschäfte sind gang und gäbe; fast alle Banken haben entsprechende Produkte im Programm. Damit nicht bei jeder Transaktion eine Kapitalertragssteuer fällig wird, bleiben Zwischengewinne innerhalb des Fonds steuerfrei. Erst beim Ausstieg müssen die Investoren an das Finanzamt zahlen.
Voraussetzung für das sogenannte Fondsprivileg ist, dass alleine das Management alle wichtigen Entscheidungen trifft. Während bei Fonds mit vielen Investoren eine Einflussnahme kaum möglich ist, könnten die Strüngmann-Brüder, die mit einer ihrer Firmen alleinige Anteilseigner waren, allzu viel Mitsprache gehabt haben.
Die Steuerfahnder sollen sich jedenfalls auf den Standpunkt stellen, dass es in diesem Fall kein Fondsprivileg gibt. Ende Februar waren das Büro in München und die Privaträume am Tegernsee durchsucht worden.
Dass Mitarbeiter die beiden Milliardäre angezeigt haben, gilt mittlerweile als unwahrscheinlich. Der Ausgang ist derweil noch ungewiss: Wahrscheinlich wird zu dieser grundsätzlichen Frage, die auch in der juristischen Literatur nicht unumstritten sein soll, erst gerichtlich entschieden.
Solange kämpfen die Strüngmanns um ihren Ruf: „Es war und gibt nicht die Absicht, Steuern in Deutschland zu verkürzen“, sagt ein Sprecher der Brüder. „Es wurden in Deutschland immer alle Steuern gezahlt und das wird auch in Zukunft so sein. Mit den ermittelnden Behörden wird daher im Sinne einer schnellen Klärung der Vorwürfe vollumfänglich zusammengearbeitet.“
Im Februar 2005 hatte die Strüngmann-Familie Hexal für rund sechs Milliarden Euro an Novartis verkauft. Seitdem kümmert sich das Münchener Family Office um die Vermögensverwaltung und um die neuen unternehmerischen Aktivitäten. Über verschiedene Beteiligungsfirmen in Deutschland und der Schweiz ist die Familie unter anderem an Biotechunternehmen wie AiCuris, 4SC, Medigene, Ganymed, Suppremol und Glycotope beteiligt. Die Brüder haben die Vision, ihre Karriere mit einem eigenen Originalprodukt zu krönen.
Außerdem gehören der Familie der Berliner Generikahersteller Aristo mit den Tochterfirmen Lindopharm, Steiner und Pharma Wernigerode, der Teehersteller Sidroga in Verbindung mit dem Emser-Produzenten Siemens & Co. sowie der ZNS-Spezialist Neuraxpharm.
Zum Portfolio gehört außerdem eine Beteiligung an Vanguard, dem europäischen Marktführer in der Aufbereitung von Medizinprodukten mit mehr als 35 Aufbereitungszentren, und am Biosimilar-Hersteller Formycon. Auch am E-Health-Anbieter ICW (InterComponentWare) ist die Familie beteiligt; Imedo, ein Bewertungsportal für Ärzte, wurde dagegen verkauft.
Schließlich hat die Familie in den vergangenen Jahren jeweils mehrere hundert Millionen Euro bei der Südwestbank und dem Pharmahandelskonzern Alliance Boots investiert. Verlustreich waren die Beteiligungen am Immobilienkonzern IVG und am Hamburger Solarunternehmen Conergy. Das Blisterprojekt Sanipharma wurde eingestellt und die Räume für die Stammzellfirma Apceth freigemacht.
Um den Gesundheitsbereich kümmert sich Dr. Thomas Strüngmann, um alle anderen Bereich Dr. Andreas Strüngmann. Seit Anfang des Jahres gibt es mit Sebastian Breyer einen neuen Chefverwalter für das Imperium. Breyer kommt von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young und tritt die Nachfolge von Klaus-Joachim Krauth an, der schon Ende 2013 zur Südwestbank gewechselt ist. Um die Investments im Bereich Life Sciences kümmert sich Helmut Jeggle, der 2007 von Hexal/Sandoz gekommen war.