Bei Lebensmitteln wird „Bio“ immer mehr zum Verkaufsargument. Auf diesen Trend setzt auch Hevert: Der Arzneimittelhersteller hat seine komplette Produktion für Flüssigarzneimittel auf Bio-Alkohol umgestellt. Laut Geschäftsführer Mathias Hevert will man mit der Umstellung die nachhaltige Landwirtschaft fördern und als gutes Beispiel voran gehen.
Hevert zufolge ist die Nachfrage nach Bio-Lebensmitteln und Bio-Kosmetik im vergangenen Jahrzehnt stark gestiegen. Bei den Arzneimitteln habe sich dieser Trend jedoch noch nicht durchgesetzt: „Mein Eindruck ist, dass die Patienten zwar sehr offen sind, aber nicht gezielt nach solchen Arzneimitteln fragen. Ich glaube, die deutschen Endverbraucher sind noch nicht so weit“, so Hevert. In den USA sei der Trend schon weiter fortgeschritten. Hevert sieht verschiedene Gründe: Zum einen würden Arzneimittel eher unregelmäßig gekauft, zum anderen gebe es noch kein Angebot. „Wenn ein Patient in die Apotheke geht und ein Bio-Arzneimittel verlangt, wird der Apotheker wahrscheinlich zunächst irritiert sein und ihm dann ein Präparat auf pflanzlicher Basis anbieten.“ Außerdem habe es – im Gegensatz zu Lebensmitteln – keine Skandale um Arzneimittel gegeben. „Die Menschen haben keinen Grund anzunehmen, dass Arzneimittel verunreinigte Pflanzen enthalten.“
Trotzdem setzt Hevert auf Hilfsstoffe aus ökologischem Anbau. „Wir sehen zwei Gründe, warum Menschen Bio-Lebensmittel kaufen: Einerseits wollen sie die nachhaltige Landwirtschaft fördern, weil sie dem Gemeinwohl dient. Andererseits möchten sie für sich und ihre Familie das Beste kaufen“, erklärt der Geschäftsführer. Das Arzneimittel sei durch die Verwendung des Bio-Alkohols nicht besser bekömmlich, da er genau wie der bisher verwendete Alkohol die höchste Reinheit habe. Hevert setzt auf altruistische Ziele: „Wir wollen die nachhaltige Landwirtschaft fördern, und dadurch etwas ins Rollen bringen.“
Die Umstellung auf Lieferanten, die Bio-Produkte in Pharmaqualität anbieten, gestaltete sich allerdings schwierig: Bereits Anfang 2011 habe man begonnen, über eine Umstellung nachzudenken. Mit der Firma Brüggemann Alcohol habe man inzwischen einen Lieferanten für Alkohol gefunden. Bei Laktose war man bislang hingegen nicht erfolgreich. „Die Hersteller können noch nicht in ausreichender Qualität und Quantität liefern“, so Hevert.
Die Calmvalera-Tropfen – laut Hersteller das umsatz- und absatzstärkste Produkt – wurden bereits mit einem Hinweis auf den Bio-Alkohol versehen: „Überwiegend aus nachhaltigem Anbau“ heißt es auf den neuen Packungen. Weitere Produkte sollen folgen.
Da nicht für alle Alkohole Lieferanten gefunden wurden und nicht alle Ur-Tinkturen von Hevert selbst hergestellt werden, kann das Unternehmen derzeit nur diesen Claim nutzen. „Bis zum Bio-Label ist es ein langer Weg“, sagt Hevert. Dafür müssten alle eingesetzten Komponenten aus ökologischem Anbau stammen.
Für den Reformprodukte-Anbieter Salus war das Bio-Siegel im vergangenen Jahr zum Stolperstein geworden: Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) hatte die Zulassung für einen Arzneitee nur unter der Auflage erteilt, dass Salus das Bio-Siegel von der Packung entfernt.
Das Verwaltungsgericht Köln hatte der Behörde Recht gegeben und klar gestellt, dass weitergehende Informationen auf Packungen nur erlaubt sind, wenn sie für die gesundheitliche Aufklärung wichtig sind oder mit der Anwendung des Arzneimittels in Zusammenhang stehen. Salus hat Rechtsmittel eingelegt und kämpft nach wie vor für sein Siegel. Eine endgültige Entscheidung steht noch aus.
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