Sandoz, Ratiopharm, Actavis: Die Generikabranche kennt Dr. Claudio Albrecht aus dem Effeff. In den vergangenen Jahren stellte er als Unternehmensberater Dritten sein Know-how zur Verfügung. Jetzt will er seine Erfahrungen für eigene Zwecke nutzen und aus mehreren europäischen Generikaherstellern einen neuen Konzern schmieden. Auch drei deutsche Firmen stehen auf der Wunschliste.
Fünf Jahre lang stand Albrecht an der Spitze von Ratiopharm, bevor er wegen der öffentlichen Diskussion um die Vertriebspraktiken des Konzerns 2005 von Adolf Merckle vor die Tür gesetzt wurde.
Gemeinsam mit Peter Prock, vormals Finanzchef beim Ulmer Konzern, gründete er die Unternehmensberatung CoMeth und begleitete Generikahersteller und Investoren bei Übernahmen und strategischen Entscheidungen. So setzte die schwedische Industriellenfamilie Wallenberg (AstraZeneca) im Ratiopharm-Bieterverfahren auf die Dienste der beiden Ex-Geschäftsführer.
Als Hauptgläubiger von Actavis heuerte die Deutsche Bank die beiden Manager an, um den isländischen Generikakonzern zu restrukturieren und aus der Krise zu führen. 2010 wurde Albrecht Interimschef bei Actavis und Prock sein Stellvertreter.
Schon damals war Albrecht klar, dass Hersteller künftig mehr anbieten müssen als das reine Generikageschäft. Indem er das Portfolio der oralen Antidiabetika um „generische“ Insuline erweiterte, wollte er Actavis beispielsweise in die Lage versetzen, irgendwann Gespräche mit Krankenkassen über die Behandlung von Diabetes-Patienten führen zu können.
Nach dem Verkauf von Actavis an den US-Konzern Watsonzogen sich Albrecht und Prock 2012 zurück. Über ihre neue Beraterfirma „Albrecht, Prock & Partners“ mischen sie aber weiter im internationalen Geschäft mit. Auch als neuer Chef für Teva war Albrecht, der sogar Berufserfahrung in Israel hat, in der finalen Auswahl.
Doch statt wieder für einen anderen Konzern zu arbeiten, wollen die beiden Manager ihre Erfahrungen jetzt für ein eigenes Projekt nutzen. Schon seit 2012 gibt es Pläne, aus mehreren europäischen Firmen einen neuen großen Hersteller zu formen. Nachdem Investoren gefunden wurden, nimmt das Vorhaben zunehmend Gestalt an.
Der erste Kaufvertrag soll Ende Januar mit einer spanischen Generikafirma unterschrieben werden. Konkrete Pläne gebe es auch mit französischen und skandinavischen Herstellern.
Auch in Deutschland ist Albrecht bereits vorstellig geworden. In Frage kämen drei Firmen, von denen eines in deutscher Hand sei, sagt er. Mehr will er nicht verraten. Für Osteuropa ist ein strategisches Joint Venture mit einem Partner vor Ort geplant.
Albrecht macht Druck, denn er will die anstehenden Patentabläufe nutzen, um ins Geschäft zu kommen. Bis 2018 verlieren nach seinen Angaben 20 weitere Substanzen ihren Patentschutz, die für ihn interessant seien.
Einen weiteren Schwerpunkt – neben den Bereichen Onkologie oder Zentrales Nervensystem – sollen Biosimilars sein, denn hier sieht Albrecht wegen der teils komplexen Zulassungen einen Wettbewerbsvorteil.
Das klassische Generikageschäft mit Ausschreibungen soll dagegen nur eine Ergänzung sein: „Es wäre leichtsinnig nur auf Tender zu setzen. Das System in Deutschland ist ein totes System und kann für die Industrie keine Zukunft sein.“
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