Thermomed an Kapazitätsgrenze Julia Pradel, 19.05.2015 10:42 Uhr
Wenn es darum geht, kühlkettenpflichtige Arzneimittel zu transportieren, ist Trans-o-flex mit Thermomed Marktführer. Zuletzt kam der Logistiker allerdings an seine Kapazitätsgrenzen. Das bekamen auch Apotheker zu spüren: Besonders Zytostatika-herstellende Apotheken standen offenbar immer wieder vor dem Problem, dass Lieferungen nicht pünktlich ankamen. Inzwischen wurde der Schnell-Lieferdienst aufgerüstet, um Thermomed zu entlasten.
Mit der Verschärfung der EU-Richtlinie zur Good Distribution Practice (GDP), die für Arzneimittel die Lagerbedingungen auch für den Transport vorschreibt, gewannen Logistiker mit Temperaturführung an Bedeutung. Trans-o-flex sah die neuen Vorgaben als Chance und kündigte bereits 2010 an, auch mit seinem Schnell-Lieferdienst ab Mitte 2014 eine aktive Temperaturführung anzubieten. Solange musste Thermomed nicht nur Kühlware, sondern auch Arzneimittel transportieren, für die ein Intervall von 15 bis 25°C vorgesehen ist.
Der Zeitplan für die Umstellung konnte allerdings nicht ganz eingehalten werden. Im Oktober 2014 waren die ersten weißen, mit „Kühlschränken“ ausgestatteten Fahrzeuge unterwegs, damals noch nur von dem Zentralhub in Kassel aus. Seit April werden die Sendungen über insgesamt sechs Knotenpunkte im Bundesgebiet verteilt, neben Kassel in Hannover, Jena, Köln, Weinheim und Nürnberg. Zu dem so genannten Ambient-System gehören 150 Thermotrailer für den Linienverkehr, 60 volltemperierte LKW und 1500 Auslieferfahrzeuge, die mit Thermoboxen ausgerüstet sind.
Die Umstellung war auch dringend nötig, denn das Thermomed-Netz mit 480 Fahrzeugen war einer Unternehmenssprecherin zufolge zuletzt „an den Kapazitätsgrenzen angelangt“. Künftig werden mit den vollklimatisierten Thermomed-Fahrzeugen nur noch Lieferungen zwischen 2 und 8°C durchgeführt, während der Schnell-Lieferdienst alle Sendungen zwischen 15 und 25°C übernimmt.
Die Sprecherin betont, dass die Lieferqualität trotzdem bei mehr als 99,5 Prozent lag, wenn die Ware am nächsten Tag ankommen sollte, und immerhin bei mehr als 90 Prozent, wenn die Arzneimittel bis zehn beziehungsweise zwölf Uhr geliefert werden sollten. Sie räumt aber auch ein, dass die Umstellung zu einer „spürbaren Verbesserung“ geführt habe.
Probleme gab es zuletzt offenbar vor allem dann, wenn Apotheken besonders früh beliefert werden wollten oder in schwer erreichbaren Gebieten lagen – also entweder in sehr ländlichen Gebieten oder stauanfälligen Ballungsräumen. Lieferschwierigkeiten gab es offenbar vor allem, wenn das System ohnehin ausgelastet war, weil viele Kühlarzneimittel verschickt wurden – etwa zum Start der Impfsaison.
Die Sprecherin verweist darauf, dass in Einzelfällen immer Fahrer oder Fahrzeuge ausfallen können. Für solche Fälle halte man aber einen Reservefuhrpark bereit, zudem würden Fahrer als „Springer“ ausgefallene Kollegen ersetzen. Aber bei Staus beispielsweise sei man machtlos – besonders für die Termindienste ein Problem. Zudem müssten sich Fahrer an die gesetzlich vorgeschriebenen Arbeitszeiten halten, egal ob sie noch im Stau stehen oder die Ware ausgeliefert haben.
Trans-o-flex gehört seit 2006 zur Österreichischen Post. 2014 musste Trans-o-flex – laut Post „aufgrund der herausfordernden Wettbewerbssituation“ – einen geringfügigen Umsatzrückgang von 0,1 Prozent hinnehmen. Außerdem wurde im vierten Quartal eine Minderung des Firmenwertes von 38,9 auf 49,4 Millionen Euro vorgenommen. Grund waren die Rückkäufe von Niederlassungen, die zuvor durch Systempartner betrieben worden waren.
Die Österreichische Post will weiter externe Leistungen integrieren, indem ausgewählte Distributionspartner übernommen werden. 2014 übernahm die Post die Spekker- und die Lehner-Gruppe, insgesamt fünf Distributionspartner von Trans-o-flex. Der Erwerb ermöglicht laut Post die Optimierung der operativen Kosten und die Nutzung von Synergien zwischen den Logistikstandorten.
Nach Schätzungen hat Trans-o-flex im Bereich der Auftragslogistik einen Marktanteil von mehr als 70 Prozent; Wettbewerber sind TNT oder DHL. In der Geschäftsführung ist Christian Knoblich für den Gesundheitsbereich verantwortlich. Vertriebs- und Marketingdienstleistungen bietet die Firma nicht an – die sogenannten Prewholesaler arbeiten aber mit dem Logistiker zusammen. Trans-o-flex fährt aber auch für andere Branchen; ein Partner ist Amazon. Außerdem übernimmt die Firma die Auslieferung von Gesundheitsprodukten bis zum Patienten. Im Homecare-Bereich sieht man in Weinheim noch Chancen.