Pharmakonzerne

USA: Sanofi will OTC-Switch für Tamiflu dpa/ APOTHEKE ADHOC, 23.07.2019 14:22 Uhr

Tamiflu soll in den USA rezeptfrei werden. Foto: APOTHEKE ADHOC
Berlin - 

Das Grippemittel Tamiflu (Oseltamivir) des schweizerischen Pharmakonzerns Roche soll in den USA künftig vom französischen Hersteller Sanofi als rezeptfreies Medikament vertrieben werden. Die beiden Konzerne haben eine entsprechende Vereinbarung unterzeichnet, wie Sanofi mitteilte.

Sanofi wird demnach mit der US-Gesundheitsbehörde über den Wechsel von Tamiflu zu einem nicht OTC-Medikament verhandeln und dafür ein entsprechendes klinisches Programm sowie Studien verantworten. Für Grippe gebe es heute keine effektive rezeptfreie antivirale Behandlung, so Sanofi. Laut offiziellen Zahlen erkrankten in den USA jährlich mehr als 31 Millionen Menschen an der Grippe, im Jahr 2017 seien aber lediglich 7 Millionen mit einem „effektiven Mittel“ wie Tamiflu behandelt worden.

Das Grippemedikament wird heute in den USA von der Roche-Tochter Genentech als rezeptpflichtiges Medikament vertrieben. In allen anderen Ländern der Welt bleibe Roche für den Vertrieb von Tamiflu verantwortlich. Sanofi habe aber ein Recht auf erste Verhandlungen bei einem Rechte-Wechsel in weiteren Märkten.

Tamiflu darf beispielsweise in Neuseeland unter Auflagen ohne Rezept abgegeben: Nur während der Grippesaison erhalten ausschließlich Patienten ab zwölf Jahren das Präparat, wenn erste Symptome vorliegen. Insgesamt funktioniert das System einer Umfrage zufolge gut.

Das Geschäft mit dem Oseltamivir-haltigen Präparat bekam mit der Entdeckung des Vogelgrippevirus in Hongkong einen Schub: Roche schreibt seit 2003 schwarze Zahlen mit Tamiflu. Auf Empfehlung der WHO investierten verschiedene Staaten in die Pandemie-Vorsorge und legten Notvorräte an. Zudem sorgte die globale Ausbreitung des sogenannten Schweinegrippe-Virus (H1N1) im Jahr 2009 für einen starken Umsatz.

Alleine in den USA wurden demnach 1,3 Milliarden US-Dollar ausgegeben, in Großbritannien 424 Millionen Pfund. Auch Deutschland bevorratet das Präparat: 2014 verwies das Bundesgesundheitsministerium (BMG) darauf, dass es bislang keine überlegenen alternativen Therapien für den Fall einer schwerwiegenden Pandemie gebe.

Das Präparat stand in den vergangenen Jahren häufig in der Kritik. Nach einer groß angelegten Studie von Forschern der Cochrane Collaboration wurde der Nutzen des Grippemittels angezweifelt. Die Wissenschaftler analysierten zahlreiche medizinische Studien und stellten fest: Tamiflu kann zwar die Dauer von grippeartigen Symptomen um etwa einen halben Tag verringern. Dafür riskieren Patienten jedoch Nebenwirkungen wie Übelkeit und Erbrechen.