Apotheken haben wieder Ärger bei der Bestellung von Antidiabetika. Aktuell ist Januvia von MSD Sharpe & Dohme nur schwer über den Großhandel erhältlich. Direktbestellungen sind nicht möglich. Der US-Pharmakonzern ist laut eigenen Angaben aber lieferfähig.
Ein Apotheker aus Thüringen wollte Januvia bei seinem Großhandel bestellen. Doch weder Phoenix noch Noweda hätten das Antidiabetikum vorrätig gehabt, sagt er. Auf Nachfrage beim Hersteller erklärte man ihm, Direktbestellungen seien nicht möglich. Das Präparat sei aber nicht defekt; der Großhandel müsse ausreichend bestückt sein.
„Ich bin fast soweit, zum Arzt zu sagen: 'Schreib das nicht mehr auf'“, ärgert sich der Pharmazeut. Dass ihm der Hersteller nicht geholfen habe, sei unverschämt. Der Apotheker vermutet, dass die Preispolitik des Konzerns der Grund für die Lieferprobleme ist. Nach zwei Tagen war das Arzneimittel wenigstens bei der Noweda verfügbar.
Januvia gehört dem Vernehmen nach zu den Produkten, bei denen MSD in der Vergangenheit gekürzt und massiv kontingentiert hat. So soll wohl der Export verhindert werden, denn die neuartigen Antidiabetika sind wegen ihres vergleichsweise niedrigen Preises für den Graumarkt interessant. Dazu kommt der schwache Euro. Auch Großhändler registrieren bei dieser Produktgruppe umfangreiche Bestellaufträge von Apotheken, die die Ware weiterverkaufen. Deshalb wurden bei bestimmten Präparaten auch die Abnahmemengen für Apotheken begrenzt.
Umsatzstarke Apotheken werden beim Großhandel bevorzugt mit kontingentierter Ware beliefert. Die Kunden werden dem Vernehmen nach auf Niederlassungsebene klassifiziert. Sogenannte A-Apotheken erhalten die Präparate auch in schwierigen Zeiten, C-Apotheken gehen leer aus. Das Nachsehen haben beispielsweise Apotheker, die nicht in einem Verbund sind und über die Kooperation Druck aufbauen können.
Der Konzern liefert zwar auch direkt an Apotheken, das Antidiabetikum ist davon aber eigentlich ausgenommen. Bestellungen über die Industrie-Plattform Pharma-Mall sind nur für Klinikapotheken möglich. „MSD vertreibt die Medikamente für den niedergelassenen Bereich primär über den deutschen Großhandel“, sagt eine Sprecherin. Bei einer bestimmungsgemäßen Verwendung der Produkte seien die gelieferten Mengen mehr als ausreichend. Wenn Apotheker vereinzelt keine Packungen über den regulären Bestellweg erhielten, veranlasse das Unternehmen auf Wunsch eine direkte Lieferung, heißt es jetzt.
2007 eingeführt, gehören Januvia (Sitagliptin) und Janumet (Sitagliptin/Metformin) heute zu den häufig verschriebenen Antidiabetika. Laut Arzneiverordnungsreport wurden beide Präparate im vergangenen Jahr jeweils rund 700.000 Mal verordnet, dazu kommen knapp noch einmal soviele Rezepte für die Schwesterprodukte Velmetia und Xelevia (Berlin-Chemie).
Mit 228,5 Millionen Tagestherapiedosen (DDD) kommt Sitagliptin in seiner Wirkstoffgruppe auf einen Anteil von mehr als zwei Dritteln. Auch im Vergleich mit anderen oralen Antidiabetika kann das Gliptin mithalten: Metformin kommt auf 595 Millionen DDD, die Sulfonylharnstoffe Glimepirid auf 248 Millionen DDD und Glibenclamid auf 37 Millionen DDD.
Auch mit AstraZeneca hatten die Apotheken angesichts der schlechten Verfügbarkeit beim Großhandel Ärger bei verschiedenen Präparaten. Betroffen waren ebenfalls vor allem Diabetes-Mittel wie Forxiga (Dapagliflozin) oder die Saxagliptin-Präparate Onglyza und Komboglyze. Der Hersteller beliefert laut eigenen Angaben den Großhandel aber „mehr als ausreichend“.
Dennoch sah sich AstraZeneca laut eigenem Bekunden gezwungen, das Direktgeschäft wegen der vielen Bestellungen umzustellen. Seit Anfang November werden Direktbestellungen über Pharma-Mall abgewickelt. Angesichts „der enorm angestiegenen Anzahl der Bestellungen“ sei man an die logistischen Grenzen gestoßen, hieß es. Mit dem neuen Bestellverfahren sollten Patienten Medikamente auch im Direktgeschäft zügig erhalten.
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