Genevida: Generika aus China Katharina Lübke, 22.04.2015 13:42 Uhr
15 Jahre ist es her, dass die indischen Generikahersteller den deutschen Markt erobert haben. Dr. Reddy's, Ranbaxy und Torrent haben mit Betapharm, Basics und Heumann/Heunet längst einen festen Platz im Generalalphabet. Zu den Nachzüglern gehörten zuletzt Aurobindo, Micro Labs, Glenmark, Cipla und Amneal. Jetzt drängen die ersten Hersteller aus Korea und China auf den Markt.
Den Anfang machte der koreanische Hersteller Celltrion, der über Hospira und Mundipharma zwei Biosimilars zu Remicade (Infliximab, Janssen) auf den Markt brachte und schon kurz nach der Einführung Rabattverträge mit mehreren Kassen in der Tasche hatte. Beim Branchenverband Pro Generika wurden zuletzt mahnende Stimmen laut, das Feld nicht ausländischen Anbietern zu überlassen, die ganz anders arbeiten und kalkulieren als die europäischen Anbieter.
Mit Genevida kommt jetzt der erste klassische Generikahersteller mit chinesischen Wurzeln auf den deutschen Markt. Das Unternehmen, das zum Wirkstoffproduzenten Zhejiang Hisoar gehört, hat seinen Sitz in Dortmund. Geschäftsführer ist der Unternehmensberater Dr. Rainer Steinbach.
Steinbach hatte in leitenden Positionen bei Chemiefirmen wie Archimica, Clariant und Syngenta gearbeitet, mit Stationen in Belgien, Italien, der Schweiz und den USA. Mit seiner Beratungsfirma stellt er Prüfberichte für Unternehmen der Chemikalien-, Agrar- und Pharmabranche aus. In China und Indien hat er nach eigenen Angaben bereits mehr als 200 Hersteller auf die Einhaltung westlicher Standards geprüft, darunter auch Zhejiang Hisoar.
Die ersten beiden Präparate hat Genevida bereits in der Lauertaxe; verfügbar sind sie aber noch nicht. Die Zulassung für das Antidiabetikum Acarbose hat Genevida von Teva gekauft, die Rechte für das Antibiotikum Clindamycin kommen von Dermapharm. Hergestellt wird bei Lohnherstellern in Europa.
Zhejiang Hisoar wurde 1966 in der Stadt Taizhou gegründet und ist seit der Privatisierung 1998 an der chinesischen Börse notiert. Hisoar produziert Wirkstoffe für den Human- und Veterinärbereich, darunter Antibiotika, Entzündungshemmer, Antidiabetika sowie HIV- und Herz-Kreislaufpräparate. Insgesamt gibt es drei Produktionsanlagen; vor allem mit fermentativ hergestellten Wirkstoffen wie Clindamycin hat sich das Unternehmen einen Namen gemacht. Seit 2008 arbeitet die Firma eng mit Boehringer Ingelheim zusammen: Der deutsche Pharmakonzern lässt Zwischenprodukte an einem gemeinsam entwickelten Standort in Chuannan produzieren.
Mit rund 1700 Angestellten und einem Umsatz von rund 200 Millionen Euro ist Zhejiang Hisoar nach eigenen Angaben einer der führenden Lohnhersteller des Landes. 70 Prozent der Produkte würden exportiert, etwa in die USA, die EU und Japan.
Geschäftsführer ist Luo Yuhong, Sohn des langjährigen Firmenchefs Luo Bangpeng. Medienberichten zufolge steckt die Firma in der Krise: Veraltete Standards, rote Zahlen und hohe Schulden belasten demnach das Geschäft. Im vergangenen Jahr musste Yuhong die Anteile verkaufen, die er erst 2010 von seinem Vater übernommen hatte. Seitdem ist ein Geschäftsmann aus der Provinz größter Anteilseigner.